Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Insolvenz bei drei Stute-gesellschaften
Das Unternehmen verweist auf aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen. Mit einer Restrukturierung will es die Zukunftsfähigkeit sichern. Heute soll es laut Gewerkschaft eine Mitarbeiterversammlung geben.
Paderborn. Die Firma Stute in Paderborn will den Fortbestand der Unternehmensgruppe sichern. Dazu hat es für drei operative Gesellschaften der Gruppe Insolvenzanträge in Eigenverwaltung gestellt. Der Grund seien schlechtere Bedingungen bei der Wettbewerbsfähigkeit. Das hat Stute am Mittwoch mitgeteilt.
Das Ziel sei eine Neuausrichtung des Familienunternehmens für die Zukunft. Dabei werde Stute von der Beratungsfirma RSM Ebner Stolz unterstützt. Generalbevollmächtigter sei Jan Groß, der die Restrukturierung mit einem Team begleiten werde. Die Pressemitteilung ist im Namen von Claudia Niemann aus der Stute-geschäftsführung verschickt worden.
Stute verweist auf aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen. Die Produktion befindet sich an den zwei Standorten in Paderborn. Produziert werden Konfitüren, süße Brotaufstriche und verschiedene Getränke.
Verbunden mit dem Standort in Deutschland sei aber auch eine Steigung der Produktionskosten. Dazu verweist Stute auf Rohstoffe, Energie und das Personal.
Nun sei die nachhaltige Sanierung der Unternehmensgruppe „das klare Ziel aller Beteiligten“. Die Geschäftsleitung bleibe „im Rahmen einer vorläufigen Eigenverwaltung handlungsfähig“. Dabei werde RSM Ebner Stolz der Geschäftsleitung der betroffenen operativen Gesellschaften zur Seite stehen.
Betriebsrat ist „überrascht“
Eine telefonische Anfrage der „NW“zu den Insolvenzanträgen über die Zentrale der Stute-gruppe hat diese am Mittwoch nicht entgegengenommen. Das Unternehmen hat lediglich ausrichten lassen, dass es vorerst nichts über die Pressemitteilung hinaus mitteilen werde. Auch RSM Ebner Stolz hat auf die Mitteilung von Stute verwiesen.
Unterdessen hat Thorsten Kleile, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-genussgaststätten
(NGG) für die Region OWL, am Mittwochmorgen überrascht auf die Nachricht reagiert. Das hat er auf „Nw“-nachfrage mitgeteilt. Kleile: „Ich gehe auch davon aus, dass der Stute-betriebsrat erst am Mittwoch davon erfahren
hat.“nd
Kleile sei auch für das Unternehmen Stute zuständig und habe einen engen Austausch mit dem dortigen Betriebsrat. Dieser wolle sich nach Kleiles Informationamheutigendonnerstag treffen. Zudem wolle die Stute-geschäftsführung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einer Versammlung heute ab 14 Uhr einladen. Die Belegschaft umfasse etwa 700 bis 750 Personen.
Seitens der Gewerkschaft beziehungsweise des Betriebsrats würden nun die notwendigen nächsten Schritte geprüft. Auch, um die Belegschaft entsprechend informieren und beraten zu können. Denn noch sei unklar, was die Insolvenzen der drei operativen
Stute-gesellschaften für die Mitarbeiter bedeuten. Diesbezüglich sei die Stute-geschäftsleitung „zuversichtlich“, dass der „Erhalt von Arbeitsplätzen in Paderborn sichergestellt werden kann“– im Zuge der nun eingeleiteten Restrukturierung, heißt es in der Mitteilung. Und: „Der Geschäftsbetrieb läuft während des Verfahrens vollumfänglich weiter.“
Bezüglich der Gesellschaften unter dem Dach der Stute-gruppe spricht Kleile zudem von einem „komplizierten Konstrukt“. Seiner Kenntnis nach seien beispielsweise im März die Sparten „Kühlhaus“und „Hauptteil“getrennt worden.
Andererseits gebe es Kleile zufolge folgende drei Gesellschaften: die Stute Nahrungsmittelwerke Gmbh & Co. KG, die Paderborner Kühlhaus Gmbh & Co. KG sowie die KS-K Technische Betriebswerkstätten Gmbh & Co. KG. Ob es sich hierbei um die drei in
der aktuellen Pressemitteilung erwähnten operativen Gesellschaften handelt, konnte Kleile nicht sagen.
„Lebensmittel Zeitung“: „Umsatz halbiert“
Auch im Branchenblatt „Lebensmittel Zeitung“ist Stute am Mittwoch Thema gewesen. Dem Bericht zufolge habe Stute als „Aldi-lieferant (. . .) bereits in den vergangenen Jahren an Umsatz eingebüßt und die Verluste ausgeweitet“. Habe Stute 2011 noch mehr als 460 Millionen Euro Umsatz erlöst, habe sich dieser bis Ende 2021 auf 234 Millionen Euro fast halbiert. Im Gegenzug seien die Verluste des Unternehmens gestiegen, zwischen 2019 und 2021 von 9 auf 23 Millionen Euro, das Ergebnis vor Steuern und Zinsen von minus 7,2 auf minus 23,4 Millionen Euro.
Insgesamt nennt die „Lebensmittel Zeitung“mehrere Aspekte, die eine negative Entwicklung
befördert hätten. So habe sich Stute „– vor allem als Stammlieferant für Aldi – verstärkt als Lohnabfüller positioniert und seine Kapazitäten in der Dosenabfüllung ausgebaut“. Diese seien aber nicht ausgelastet gewesen.
In der Vergangenheit hat es bereits rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Stute sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegeben, wie in einem Arbeitskampf 2021. Angestellte des Untersuchungsinstituts Faethe-labor auf dem Stute-gelände haben sich unfair behandelt und unterbezahlt gefühlt.
Zudem ist Stute 2016 vor dem Landesarbeitsgericht Hamm in einem Rechtsstreit gegen Handwerker des Stutetochterunternehmens KSK Technische Betriebsstätten unterlegen gewesen. Dabei ist es um die Frage gegangen, ob diesen Angestellten eine Vergütung auch während des Umkleidens und für den Weg zur Einsatzstätte zusteht.