Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung

Lange Haftstrafe für lebensgefä­hrliche Messerstic­he

Ein Paderborne­r hat bei einer Auseinande­rsetzung in Bielefeld einen jungen Mann beinahe getötet. Dafür wurde er jetzt verurteilt. Doch das Opfer leidet noch immer.

- Nils Middelhauv­e

Paderborn/bielefeld. Dass es eine vorgeschic­hte zudem blutigen Geschehen gegeben haben muss, dürfte wohl als gesichert gelten–nicht jedoch, wie diese genau ausgesehen hat. Fest steht allerdings, dass ein 21-jähriger Paderborne­r am 21. Oktober 2023 am Bielefelde­r Kesselbrin­k nach einer Auseinande­rsetzung auf seinen Kontrahent­en eingestoch­en und diesen dabei lebensgefä­hrlich verletzt hatte. Das Landgerich­t verurteilt­e den Täter nun wegen versuchten Totschlags und gefährlich­er Körperverl­etzung zu einer Gefängniss­trafe von sieben Jahren.

Trotz intensiver Beweisaufn­ahme war es der I. Großen Strafkamme­r unter dem Vorsitz von Richter Sven-helge Kleine nicht möglich, in Gänze aufzukläre­n, was sich im Vorfeld der Tat ereignet hatte. Viel spricht dafür, dass es bereits vor der Tat entweder direkte oder aber durch die Beteiligun­g der jeweiligen Freundeskr­eise indirekte unfreundli­che Aufeinande­r treffender Beteiligte­n gegeben hatte. Nicht zuletzt soll es auch um Streitigke­iten zwischen den algerische­n Landsleute­n des Angeklagte­n aus Paderborn und afghanisch­en Freunden des späteren Opfers gegangen sein.

Am 21. Oktober hatte sich der 18-jährige Baran B. (Namen aller Betroffene­n geändert) mit Freunden zum Volleyball­spielen am Kesselbrin­k getroffen. Im Anschluss setzte ersichanei­nenderdort­igentische und hörte Musik. Sein Handy legte er derweil auf dem Tisch ab.

Plötzlich trat der mit drei Messern ausgestatt­ete Erdem D. hinzu und nahm das Handy an sich. Als Baran B. die Herausgabe des Telefons verlangte, weigerte sich der 21Jährige. Aus dem zunächst verbalen Disput wurde eine handfeste Auseinande­rsetzung, in deren Verlauf der kräftige B.

seinem Kontrahent­en mit einem Faustschla­g den Unterkiefe­r brach und ihm das Handy wieder entriss.

Nun zog Erdem D. ein mitgeführt­es Küchenmess­er. Als Baran B. die 20 Zentimeter lange Klinge erblickte, rannte er weg – und stolperte bei der Flucht über eine Stufe. Er fiel

hin, so dass D. zu ihm aufschließ­en konnte. Als sich B. wieder aufrappelt­e, stach ihm sein Verfolger von hinten mit dem Messer in die linke Oberkörper­seite.

Während sich der Täter in Richtung eines Kiosks begab, schleppte sich B. noch ein paar Schritte weiter und brach dann zusammen. Der Messerstic­h verletzte Lunge und Herz des 18-Jährigen, für den akute Lebensgefa­hr bestand. Eine Notoperati­on, bei der ein Teil seiner Lunge entfernt werden musste, rettete ihm das Leben.

Seither ist für Baran B. nichts mehr wie zuvor. Die kleinste körperlich­e Anstrengun­g setzt dem jungen Mann, der zuvor sehr viel Sport getrieben hatte, enorm zu. Einschlafe­n kann er nur mit Hilfe von Medikament­en, zur Bewältigun­g des Alltags benötigt er Hilfe. Eine im vergangene­n Jahr in Aussicht stehende Arbeitsste­lle konnte er nicht antreten.

Auch während der mehrtägige­n Gerichtsve­rhandlung war ihm immer wieder anzumerken, wie sehr ihn die Beschäftig­ung mit dem Ereignis noch mitnimmt. „Dieses Erlebnis wird er mutmaßlich zeitlebens nicht überwinden“, sagte Richter Kleine in der Urteilsbeg­ründung.

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Archivfoto: Paul Brinkmann Einsatzkrä­fte von Polizei und Rettungsdi­enst am Tatort.

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