Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Theologie und Musik im Dialog
Der junge Pianist Luis Benedict Alfsmann zeigt beim Semestereröffnungskonzert der Theologischen Fakultät seine beeindruckenden Fähigkeiten.
Paderborn. Mit einem höchst interessanten Paukenschlag hat die Theologische Fakultät Paderborndenbeginndesneuen Semesters gefeiert. Im Audimax hatte ein Projekt des jungen Doktoranten Sebastian Pietsch Premiere. Die Idee: Den Zusammenhang der beiden Disziplinen Kultur und Theologie durch Musik auf eine innovative Weise zu beleuchten.
Es war wohl ein Glücksfall, dafür einen jungen, aufstrebenden Pianisten gewinnen zu können, der in der Lage ist, Theologie mit Musik in einen Dialog zu bringen und somit die seit Jahrhunderten bestehende Wechselbeziehung zwischen christlicher Religion und Musik zu verdeutlichen.
Luis Benedict Alfsmann ist derzeit im Endstadium seiner Ausbildung an der Freiburger Musikhochschule. Er ist bereits Gewinner zahlreicher Auszeichnungen und Teilnehmer wichtiger Klavierwettbewerbe. Seine am Montagabend erbrachte pianistische Leistung gibt durchaus zur Vermutung Anlass, dass hier ein Künstler heranreift, von dem man in der Zukunft noch viel hören wird.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) war in seinem Schaffen als Musiker engstens mit dem christlich-lutherischen Glauben verbunden, gleichwohl vollzieht seine Musik in Teilen den Schritt zur „autonomen“Musik. Alfsmann wählte die Choralvorspiele „Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ BWV 639“und „Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645“für den Beginn seines Konzertes.
Und die Bearbeitung der Vorspiele durch Feruccio Busoni (1886-1924) musste es schon sein, um den virtuosen Eindruck zu manifestieren. Busoni muss man mögen, um seine Bearbeitungen adäquat zu würdigen, Alfsmann mag ihn ganz offensichtlich.
Der erste Paukenschlag des
Abends folgte dann sogleich in einer technisch perfekten Wiedergabe von Ludwig van Beethovens berühmter Klaviersonate Nr. 23 in f-moll op. 57, der „Appasionata“. Eine mutige, vielleicht ein wenig zu mutige Interpretation, geriet das Ebenmaß der „Klassik“hier doch eher in die Sphäre von „Sturm und Drang“. Natürlich beeindruckend die technischen Fähigkeiten des Pianisten, aber zu viel Überschwang nutzt sich auch schnell ab. Gleichwohl begeisterter Beifall des nicht allzu zahlreichen Publikums.
Nach der Pause dann von Oliver Messiaen (1908-1992) „La parole toute puissante“aus „Vingt Regards sur l’enfant-jésus“(Zwanzig Blicke auf das Jesuskind). Vielleich war es nicht ganz glücklich, den Blick 12 aus dem Ganzen herauszulösen, der düstere, mystische Eindruck hätte sich in der Entwicklung mit den anderen „Blicken“wohl besser erschlossen. Messiaen, der ein tiefgläubiger katholischer Organist war, hatte einen eigenen, höchst eigenwilligen Blick auf das Weihnachtsgeschehen, das diesem Zyklus inhaltlich zugrunde
liegt. Da wäre mehr tatsächlich besser gewesen.
Heute zu Unrecht ziemlich vergessen: Charles Alkan (1813-1888), wie Messiaen in Paris lebend und komponierend. Er war ein Pianist und muss als solcher durchaus mit Franz Liszt oder Frederic Chopin vergleichbar gewesen sein, ohne jedoch deren Genie in der Kompositionskunst besessen zu haben. Zunächst erklangen zwei Préludes aus der Sammlung Op. 31. Sanfte, freundliche Musik, gut zu hören, aber dann der Höhepunkt des Abends: „Le Festin d’ Èsope
(Das Fest des Äsop). 25 Variationen über ein Thema, das nicht besonders anspruchsvoll, vielleicht ein wenig volksliedhaft daherkommt.
Was hier jedoch dem Pianisten abverlangt wird, das ist schon ziemlich gewaltig – und Luis Benedict Alfsmann kann es. Seine technischen Fähigkeiten sind beeindruckend, seine Tongebung auf dem nicht sehr konzertgeeigneten Euterpe-flügel ist im Spektrum breit angelegt: das singt, das hämmert, das explodiert. Als Zugabe das 2. Petrarca-sonett von Franz Liszt. Donnerwetter!