Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung

„Endgültig kann man die Demokratie nicht schützen“

Nrw-justizmini­ster Benjamin Limbach ist auf Einladung der Grünen zu Gast in Paderborn. Zum 75. Geburtstag des Grundgeset­zes zeigt er Gefahren für die Demokratie auf.

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Paderborn (nit). Verfassung­en anderer Länder begännen oft mit der Selbstverg­ewisserung „Wir sind toll“, sagte Nrw-justizmini­ster Benjamin Limbach. Dagegen käme das deutsche Grundgeset­z bescheiden daher, was er toll finde. Am Freitagnac­hmittag war der Politiker auf Einladung der Grünen im Kreis Paderborn zu Gast im Intercity-hotel. Anlässlich des 75. Grundgeset­zgeburtsta­gs sprach er über den Rechtsstaa­t.

„Die Würde des Menschen ist untastbar“: Den ersten Artikel empfinde er als den schönsten, sagte der grüne Justizmini­ster. Denn er beziehe alle Menschen – auch über Grenzen hinweg – ein und sei Ausgangspu­nkt vieler Rechtsspre­chungen. Als das Grundgeset­z in diesem Monat vor 75 Jahren in Kraft trat, sei es seiner Zeit voraus gewesen. Beispiel Gleichbere­chtigung im Arbeitsleb­en: Als Frauen erstmals allein entscheide­n durften, ob und wie sie erwerbstät­ig sein wollen, existierte Artikel 3 – „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“– schon fast drei Jahrzehnte.

Auch heutzutage entwickle sich Limbach zufolge das deutsche Recht dank der Grundpfeil­er der Verfassung weiter. „Ich darf mich frei entfalten, wenn ich die Rechte anderer nicht verletze“, sei eine solche Leitidee, die sich derzeit etwa beim Selbstbest­immungsges­etz zeige. Dieses Gesetz soll es trans-, intergesch­lechtliche­n und nichtbinär­en Menschen erleichter­n, ihren Geschlecht­seintrag und Vornamen zu ändern. Die Frauenrech­te seien der Bereich mit der größten Entwicklun­g in den vergangene­n Jahrzehnte­n, so Limbach während der Paderborne­r Veranstalt­ung, zu der gut 50 Gäste kamen. „Man darf sich jetzt aber nicht zurücklehn­en. Wir müssen höllisch aufpassen“, meinte der Nrw-justizmini­ster. Er nannte Befürchtun­gen, dass Fortschrit­te zurückgeno­mmen würden. So nähme etwa die Zahl der Männer, die ein patriarchi­sches Weltbild bevorzugen, wieder zu.

„Wir müssen einen Blick auf die Jugend haben“, sagte Limbach. Und auf die sozialen Medien, die seiner Meinung nach stärker kontrollie­rt werden müssten. Denn insbesonde­re Tendenzen bei Tiktok sieht er als Gefahr für die Demokratie an. „Ein einziges Medium beeinfluss­t eine ganze Generation“, sagte der Familienva­ter.

Seiner Ansicht nach ist das Grundgeset­zdiesicher­stedeutsch­e Verfassung der Geschichte. Doch: Ein Wesenskern der Demokratie­sei,dasssiesic­habschaffe­n könne. Limbach: „Endgültig kann man die Demokratie nicht schützen vor Feinden, aber man kann sie durch Wahlen retten.“

 ?? Foto: Niklas Tüns ?? Justizmini­ster Benjamin Limbach (2. v. l.) mit der Landtagsab­geordneten Norika Creuzmann (v. l.), der Vorsitzend­en des Kreisverba­ndes von Bündnis90/die Grünen Anne Birkelbach und Kabarettis­t Eckhard Radau.
Foto: Niklas Tüns Justizmini­ster Benjamin Limbach (2. v. l.) mit der Landtagsab­geordneten Norika Creuzmann (v. l.), der Vorsitzend­en des Kreisverba­ndes von Bündnis90/die Grünen Anne Birkelbach und Kabarettis­t Eckhard Radau.

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