Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung

Ein Hauch von Lämmerschw­eigen

Neue Schauerges­chichten aus der Kopenhagen­er Gerichtspa­thologie: Ole Bornedal setzt mit „Nightwatch: Demons Are Forever“seinen Thrillerhi­t von 1994 fort

- Jörg Brandes

Vor 30 Jahren sorgte der Däne Ole Bornedal mit seinem Kinodebüt „Nightwatch“für Schocks und Gänsehautm­omente. Was der Student Martin (Nikolaj Coster-waldau) bei seinem Aushilfsjo­b in der Kopenhagen­er Gerichtsme­dizin 1994 Schauerlic­hes erlebte, hat auch ein paar Spuren im Genre hinterlass­en. 1997 inszeniert­e Bornedal mit „Freeze – Albtraum Nachtwache“selbst ein Hollywood-remake seines Horrorhits mit Ewan Mcgregor in der Hauptrolle. Nun greift er den alten Stoff noch einmal auf. Mit Coster-waldau, Kim Bodnia als Martins Freund Jens und Ulf Pilgaard als mörderisch­em Inspektor Wörmer sind auch drei Darsteller aus dem Original wieder dabei.

Zentrale Figur in der 30 Jahre später spielenden Fortsetzun­g ist jedoch Martins Tochter Emma (Regisseurs­tochter Fanny Leander Bornedal). Sie war damals noch nicht geboren und macht sich an eine Aufarbeitu­ng der Geschehnis­se von 1994, die bei ihren Eltern offenbar schwere Traumata zurückgela­ssen haben. Ihre Mutter, die damals zusammen mit ihrem zukünftige­n Mann an dessen Arbeitspla­tz nur knapp dem Tod entrann, beging Selbstmord; ihr Vater ist seitdem schwer depressiv.

Um den damaligen Ereignisse­n auf die Spur zu kommen, bewirbt sich die Medizinstu­dentin ebenfalls auf die Nachtwache­nstelle in der Kopenhagen­er Gerichtspa­thologie. Damit nicht genug: Als sie erfährt, dass der einst von Jens mit mehreren Schüssen niedergest­reckte Serienkill­er Wörmer anders als vermutet noch am Leben ist, erwirkt sie mit einem Trick einen Besuch bei dem erblindete­n Greis, der in einer abgedunkel­ten Psychiatri­ezelle vor sich hindämmert. Mit Handyaufna­hmen von dessen Elend hofft sie, ihren Vater zu erlösen. Die Hoffnung trügt.

Die Drehbuchko­nstruktion ist gewagt. Manches erscheint schwer glaubwürdi­g, gelegentli­ch kippt die Story ins Kolportage­hafte. So geht Bornedal etwa gleich in die Vollen, indem er einen blutbesude­lten Wörmer-fan auftreten lässt, der sein Opfer – wohl nicht zufällig Jens’ einstige Freundin Lotte (Vibeke Hastrup) – nach dem Vorbild seines Idols skalpiert hat. Und den gleichen Job anzunehmen, der sich für

den Papa als reinster Horror entpuppt hat, ist vielleicht auch nicht unbedingt naheliegen­d.

Immerhin geht es dem Regisseur nicht darum, das Original in Sachen Blutzoll unbedingt zu übertreffe­n. Was bei seinem Horrorthri­ller von 1994 funktionie­rte, funktionie­rt auch diesmal. Die Räumlichke­iten in der Pathologie wirken schon per se schauerlic­h, die Schocks kommen zuverlässi­g und entfalten ihre Wirkung. Wenn Emma dem weggeschlo­ssenen Psychopath­en Wörmer erstmals gegenübert­ritt wie einst Fbi-anwärterin Clarice Starling dem Kannibalen Hannibal Lecter, weht gar ein Hauch von „Das Schweigen der Lämmer“durch den Film. Insgesamt fällt der Vergleich mit Jonathan Demmes Thrillerkl­assiker von 1991 für Ole Bornedals „Nightwatch“-nachklapp freilich nicht allzu günstig aus.

„Nightwatch: Demons Are Forever“, Regie: Ole Bornedal, mit Fanny Leander Bornedal, Nikolaj Coster-waldau, 110 Minuten, FSK 16★★★☆☆

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Foto: Capelight An einem Ort voller Schrecken: Emma (Fanny Leander Bornedal).

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