Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Wie Pluto sein Herz bekam
Mit etwas Fantasie lässt sich auf der Oberfläche des Eiszwergs eine besondere Struktur erkennen – ein Forschungsteam untersuchte sie
Bern/tucson. Das riesige helle Herz auf Plutos Oberfläche ist wahrscheinlich Ergebnis einer Kollision mit einem Eisbrocken. Das ergeben Simulationen einer internationalen Forschungsgruppe, über die im Fachblatt „Nature Astronomy“berichtet wird. Die Studie stellt zudem infrage, ob sich unter der Oberfläche des Zwergplaneten wirklich ein Ozean befindet.
Im Juli 2015 flog die Us-amerikanische Raumsonde „New Horizons“nach mehr als neunjähriger Flugzeit an dem Zwergplaneten am Rand unseres Sonnensystems vorüber und lieferte erstmals hoch aufgelöste Bilder und Daten von Pluto und seinen
Monden zur Erde. Dabei zeigten die Aufnahmen ein großes helles Herz auf der Oberfläche des Eiszwerges. Jene Struktur wurde auf den Namen „Tombaugh Regio“getauft – nach dem Us-astronomen Clyde Tombaugh, der Pluto vor fast 100 Jahren entdeckte.
Eine Gruppe aus Astrophysikerinnen und Astrophysikern um Harry Ballantyne von der Universität Bern hat sich nun mit dem Rätsel um Entstehung und Beschaffenheit von Plutos Herz befasst. Dabei konzentrierte sich das Team auf Sputnik Planitia, den westlichen, tropfenförmigen Teil der Struktur. Dieser
Teil umfasst eine Fläche von 1200 mal 2000 Kilometern, was einem Viertel der Fläche Europas entspricht, und liegt drei bis vier Kilometer tiefer als der größte Teil der Himmelskörperoberfläche.
„Das helle Erscheinungsbild von Sputnik Planitia ist darauf zurückzuführen, dass es überwiegend mit weißem Stickstoffeis gefüllt ist“, so Ballantyne. Das Eis bewege sich und es finde ein Strömungstransport statt, sodass die Oberfläche ständig geglättet werde. „Dieser Stickstoff hat sich höchstwahrscheinlich nach dem Einschlag aufgrund der geringeren Höhe schnell angesammelt.“
Mithilfe einer Simulationssoftware bildete das Team nach,
Erstmals hoch aufgelöste Bilder: Eine Ansicht von Pluto, die die Nasa-raumsonde „New Horizons“im Juli 2015 aufgenommen hat. wie Sputnik Planitia entstand. Auf diese Weise errechneten die Forschenden, dass jener Teil des Herzens wahrscheinlich Ergebnis einer Kollision ist, bei der ein planetarischer Körper mit einem Durchmesser von 700 Kilometern mit geringer Geschwindigkeit auf die Oberfläche prallte. Der Brocken bestand wohl überwiegend aus Eis mit einem Gesteinskern. „Die längliche Form von Sputnik Planitia deutet stark darauf hin, dass es sich nicht um einen direkten Frontalaufprall, sondern um einen Schrägaufprall handelte“, erklärt Co-autor Martin Jutzi.
„Plutos Kern ist so kalt, dass das Gestein sehr hart blieb und trotz der Hitze des Einschlags nicht schmolz“, ergänzt Ballantyne. Dank des schrägen Einschlagwinkels und der geringen Geschwindigkeit sei der Kern des Einschlagkörpers nicht in Plutos Kern eingesunken, sondern auf ihm liegen geblieben. „Irgendwo unter Sputnik befindet sich der Restkern eines anderen massiven Körpers, den Pluto nie ganz verdaut hat“, fügt Mitautor Erik Asphaug von der Usamerikanischen University of Arizona hinzu.
Wie die Autorinnen und Autoren anmerken, werfe ihre Studie auch ein neues Licht auf die innere Struktur des Eiszwerges, der vor knapp 20 Jahren seinen Status als Planet verlor. Bislang wird davon ausgegangen, dass Pluto – ähnlich wie andere Himmelskörper im äußeren Sonnensystem – einen unterirdischen Ozean aus flüssigem Wasser besitzt. Die Simulationen ließen nun die Sichtweise zu, dass es auf Pluto nur einen sehr dünnen oder gar keinen unterirdischen Ozean gebe.
Sputnik Planitia im Fokus
Reste der Kollision