Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
„Wir haben Großes erreicht“
Jonas Hofmann spricht vor den Endspielen in der Europa League und im Dfb-pokal über Xabi Alonso, die Rekordsaison von Bayer Leverkusen und seinen Anteil daran
Leverkusen. Nach der ersten Meisterschaft der Vereinsgeschichte will Fußball-bundesligist Bayer 04 Leverkusen an diesem Mittwoch in Dublin gegen Atalanta Bergamo im Europaleague-finale (21 Uhr, RTL und RTL+) den zweiten Streich folgen lassen, bevor an diesem Samstag im Dfb-pokal-finale gegen den 1. FC Kaiserslautern (20 Uhr, ARD und Sky) sogar das Triple drin ist. Jonas Hofmann hatte mit 15 Scorerpunkten seinen Anteil an der Rekordsaison der noch immer unbesiegten Werkself.
Herr Hofmann, haben Sie zwischen all den Erfolgen schon mal daran gedacht, dass alles auch ganz anders hätte kommen können?
Sie meinen, dass ich stattdessen mit Gladbach im Abstiegskampf gesteckt hätte? Ich verfolge jedenfalls alle Spiele der Borussia sehr genau, auch weil ich noch Kontakt zur Mannschaft und zum Staff pflege. Da ist es doch normal, dass man mitfiebert und Woche für Woche hofft, dass es reicht. Das ist ja gelungen, und es freut mich sehr. Aber ich sage auch: Wenn man Meister wird und die Chance aufs Triple hat, dann spricht vieles dafür, dass man sportlich den richtigen Weg gewählt hat.
Gab es diesen einen Moment, in dem Ihnen klar wurde, dass es eine Megasaison werden könnte?
Schon im vergangenen Sommer, als ich gesehen habe, welche Spieler verpflichtet wurden, ist mir klar geworden, wie unser Weg fußballerisch aussehen könnte – ohne dass ich deshalb gleich an die Meisterschaft gedacht hätte. Schließlich müssen sieben Neuzugänge immer erst zusammenfinden. Das aber ist uns in kürzester Zeit gelungen, und die Mannschaft hat schnell verinnerlicht, welchen Fußball Xabi Alonso spielen lassen will. Den Wow-moment hatte ich bereits nach den ersten Spielen. „Hier kann was richtig Geiles entstehen“, ist mir da durch den Kopf geschossen.
Was macht Alonso anders als die anderen Toptrainer wie Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Marco Rose und Lucien Favre, unter denen Sie schon trainiert haben?
Er macht vieles richtig (schmunzelt). Er pflegt den – im besten Sinne – einfachen Fußball, und seine Vorstellung vom Fußball, den er spielen will, hat überhaupt nichts zu tun mit Schnickschnack und Hacke, Spitze, eins, zwei, drei. Stattdessen fordert er immer wieder sehr viele schlichte Dinge ein, die im Fußball aber eine hohe Effektivität bedeuten können.
Welche Rolle spielt, dass er selbst ein Superstar war? Eine immense Rolle. Schon das erste Gespräch mit ihm hat mich beeindruckt. Du sitzt ihm gegenüber und weißt, was für ein herausragender Topspieler er war und welche großen Titel er gewonnen hat. Das macht dann schon etwas mit dir, seine Ausstrahlung und Wirkung haben etwas sehr Motivierendes.
Hat Sie überrascht, dass er in Leverkusen bleibt trotz vieler Anfragen?
Das spricht für seinen Charakter, er hat damit ein überragendes Zeichen gesetzt und an die Mannschaft gesandt. Jemand, der bis dahin vielleicht noch einen Vereinswechsel in Erwägung gezogen hat, ist jetzt sicher ins Grübeln gekommen, und auch potenziellen Neuzugängen zeigt diese Entscheidung, dass man in Leverkusen einen klaren Plan verfolgt. Hier ist etwas ganz Großes erreicht worden, das aber nicht einmalig bleiben soll. Ob wir noch mal so eine außergewöhnliche Saison spielen können, weiß ich zwar nicht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es möglich ist, hier weiter sehr erfolgreich zu sein. Schon, weil mit dem Erreichten auch der Anspruch jedes Einzelnen an sich selbst weiter gestiegen ist. Jeder weiß jetzt, wie gut sich Titel anfühlen, und will das wieder erleben.
Es wurde viel über die Anteile am Erfolg gesprochen. Welchen hat Sport-geschäftsführer Simon Rolfes?
Jeder Trainer ist abhängig von den Spielern, die er zur Verfügung hat. Und diesbezüglich hat Simon Rolfes gemeinsam mit Xabi hervorragende Entscheidungen getroffen und einen Topkader zusammengestellt. Wir haben alles im Kader, was man braucht: Erfahrung, Talent, Potenzial, Schnelligkeit. Wir haben junge Spieler, ältere, clevere Spieler und solche, die mittendrin sind in ihrer Karriere.
Wie sehen Sie Ihren eigenen Anteil?
Im ersten Saisondrittel habe ich mit Ausnahme der Partie in Wolfsburg in jedem Spiel Punkte gesammelt, ob nun mit einem eigenen Tor oder mit einem Assist. Das hat natürlich die Erwartungshaltung mir gegenüber noch einmal gesteigert, sodass man meine späteren Leistungen, als ich nicht mehr regelmäßig punkten konnte, häufiger kritisiert hat.
Zu Unrecht?
Ich denke schon. Ich selbst beurteile einen Topspieler jedenfalls immer auch danach, was er der Mannschaft gibt, wenn er mal keinen ganz so guten Tag hat. Und da glaube ich, war das, was ich abgeliefert habe, trotzdem sehr nützlich. Wenn man als Offensivspieler nicht an den Toren beteiligt war, muss das nicht heißen, dass man ein schlechtes Spiel gemacht hat. Schließlich können auch der vorletzte Pass oder ein Laufweg entscheidend sein. Im Laufe dieser Saison hatte jeder bei uns Phasen auf absolutem Topniveau, aber auch mal Spiele, wo es nicht so lief. Dann sind die anderen in die Bresche gesprungen, und nur so kannst du eine ganze Saison lang erfolgreich sein.
Geben Sie uns bitte noch einige Prognosen ab: Zuerst zu Bayer 04 ...
Wir holen das Triple.
Ihr Ex-klub Borussia Dortmund?
Wenn es nach mir geht, gewinnt der BVB die Champions League.
Und die Nationalmannschaft … … wird hoffentlich Europameister.