Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Ein Paderborner wirkt am Grundgesetz mit
Johannes Brockmann hat das Kaiserreich, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die Bundesrepublik erlebt. Vor 75 Jahren nimmt er in Bonn eine wichtige politische Rolle ein.
Paderborn. Vor nunmehr 75 Jahren, am 23. Mai 1949, ist auf der Schlusssitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn das Grundgesetz feierlich verkündet worden. Dieses Gremium bestand aus 65 stimmberechtigten Abgeordneten. Darunter war ein Mann, der in Paderborn geboren wurde und in dieser Stadt auch beerdigt worden ist. Johannes Brockmann (1888 – 1975) zählt zu den wichtigsten Politikern der katholischen Zentrumspartei, deren kleine Fraktion er im Parlamentarischen Rat anführte.
Dass Brockmann vier Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs zu einem der Gründerväter der Bundesrepublik Deutschland werden würde, war ihm nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden. Doch als viertes von insgesamt zehn Kindern des Eisenbahnschlossers Richard Brockmann und seiner Frau Anna am 17. Juli 1888 geboren und an der Elsener Straße aufgewachsen, wurde er familiär durch eine christliche Grundhaltung und eine soziale Gesinnung geprägt. Nachdem er zunächst einen geistlichen Beruf angestrebt hatte, erlangte er einen Abschluss am Paderborner Lehrerseminar und kam im Jahr 1913 an die katholische Volksschule Rinkerode. Dort, nur wenige Kilometer südlich von Münster, fand er seinen späteren Lebensmittelpunkt, musste aber zunächst von 1914 bis 1918 seinen Kriegsdienst ableisten.
Nachdem er die Novemberrevolution 1918 bei seinen Eltern in Paderborn erlebt hatte, trat er in die Zentrumspartei ein, für die er bereits 1926 erstmals in den preußischen Landtag einzog. Nach der „Machtergreifung“der Nationalsozialisten verlor Brockmann alle politischen Ämter, wurde – inzwischen Schulleiter in Rinkerode – zwangspensioniert und nach dem Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 für mehrere Monate inhaftiert. Die einrückenden Us-amerikaner setzten ihn sofort als Schulleiter wieder ein und beriefen ihn auch zum Schulrat des Kreises.
So nimmt die politische Karriere des Paderborners Fahrt auf. Brockmann reißt die Initiative zur Wiederbegründung der Zentrumspartei an sich, ist von 1946 bis 1958 Mitglied des Landtags Nordrhein-westfalen und seit 1947 auch Fraktionsvorsitzender. Von 1953 bis 1957 sitzt er für das Zentrum im Deutschen Bundestag.
Als „Fuchs von Rinkerode“, bezeichnet Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) einen Mann, dessen immenses politisches Geschick den letztlich unaufhaltsamen Niedergang der Zentrumspartei aber nicht verhindern kann. Brockmann übt noch einige kommunalpolitische Ämter aus, ehe er am 14. Dezember 1975 – längst mit dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet – in Münster stirbt. Er wird in der elterlichen Gruft auf dem Paderborner Westfriedhof beigesetzt. Die Grabstelle ist inzwischen aufgehoben.
Es bleibt die Erinnerung an einen Mann, der im Parlamentarischen Rat eine wichtige Rolle einnahm. Brockmann war Mitglied im Hauptausschuss und im Ausschuss für Organisation des Bundes sowie Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege. Darüber hinaus gehört er auch dem Geschäftsordnungsausschuss und dem Anfang März 1949 eingesetzten Siebenerausschuss an.
Bei der Schlussabstimmung am 8. Mai 1949 aber lehnt er das Grundgesetz ab. Er sieht die spezifischen katholischen Interessen bei der Gestaltung wie die Verankerung des Elternrechts nicht hinreichend gewahrt. Seine Forderung zur Etablierung von Bekenntnisschulen findet jedoch im Juni 1950 Einzug in die Verfassung des Landes Nordrhein-westfalen.