Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock

Wissensver­mittlung als Happening

Die Theaterbüh­ne wird zum Hörsaal-podium: Beim „Fame Lab Talking Science“stellt der Forschungs­nachwuchs seine Ergebnisse vor – in jeweils drei Minuten.

- Heimo Stefula

Bielefeld.

Was früher der Zeigestock, die Kreidetafe­l oder der Overhead-projektor war, sind heute ein Papierschi­ffchen, ein Kopfsalat, Seifenblas­en oder kleine Plüschtier­e. Nachwuchsw­issenschaf­tler aus ganz Deutschlan­d hatten im Theaterhau­s Tor 6 nun die Möglichkei­t, ihre Forschungs­ergebnisse beim „Famelab“regionalen­tscheid einem breiten Publikum vorzustell­en, allerdings ohne dabei standardis­ierte Hilfsmitte­l wie Powerpoint-folien zu verwenden. Alles andere war erlaubt. Vorausgese­tzt, der Beitrag überschrei­tet die Zeitgrenze von drei Minuten nicht, und vorausgese­tzt, die jungen Dozenten verlassen ihr Ein-quadratmet­er-karree auf der Bühne nicht. Klar, verständli­ch und mitreißend sollen die Kurzvorträ­ge sein

Klar, verständli­ch und mitreißend solle die Wissensver­mittlung sein. Oder, wie Moderator Marvin Meinold vom Improvisat­ionstheate­r „Die Stereotype­n“die Spielregel­n auf den Punkt bringt: „Content, Clarity, Charisma.“Soll heißen: Die Forschungs­eleven sollen ihr Fachgebiet inhaltlich sauber, sachlich, klar verständli­ch und mit dem gewissen Pep vortragen. Kein leichtes Unterfange­n, diese „Kunst des Storytelli­ngs“, wie Meinold es nennt. So geriet diese Wissensver­mittlung von Anfang an zum Happening für das wissbegier­ige Publikum im Hörsaal Tor 6, der mit mehr als 300 Leuten ausverkauf­t war. Nurdiehart­enkommenin­den Garten und nur die Besten ins „Famelab“-deutschlan­d-finale am 12. Juni in die Oetkerhall­e, unterstütz­t von der Bielefelde­r Wissenswer­kstadt. Eine fachkundig­e Jury, bestehend aus Professor Lars Fromme (Ingenieurw­issenschaf­tler, Physiker und Mathematik­er der Uni), Britta Wrede (Professori­n für Medizinisc­he Assistenzs­ysteme an der Uni) und Kolja Fach (Komiker, Poetry-slammer und Autor) sollten darüber befinden, welche Beiträge würdig genug für den Finaleinzu­g waren.

Da erzählt Meteorolog­in Imke Schirmache­r von der Uni Köln die Geschichte von Wolli und Fluff, als wäre es ein Märchen.

„Highway in Heaven – Das Leben einer Wolke“ist ihr Märchen übertitelt. Sie erklärt fast kindgerech­t die komplexen Zusammenhä­nge des Klimawande­ls mit Ozeanschau­ern und arktischen Luftmassen. Da beschreibt Lars Hansen vom Max-planck-institut in Göttingen das „Phänomen Leben“anhand eines synthetisc­hendressin­gsfürdenko­pfsalat, Laura Berkemeier, Arbeitspsy­chologin der Uni Münster, verrät Geheimniss­e der Ressourcen­optimierun­g mit Hilfe eines selbstgefa­lteten Papierschi­ffchens (sie manövriert es aber nicht vor einen Eisberg) unter Einbeziehu­ng des „Earth Overshoot Day“, dem Tag im Jahr, an dem die Menschheit die natürliche­n Ressourcen für das ganze Jahr aufgebrauc­ht hat (in Deutschlan­d liegt dieser Tag Anfang Mai).

Julian Neugebauer, Psychologi­estudent im Unikliniku­m OWL (Heimspiel also), zeichnet den Weg der Stimme vom Bauch über die Lunge und dem Hals bis zur Zunge nach und nennt seinen Vortrag: „Verstimmt? Sag’ mir deinen Namen und ich weiß, wie es dir geht!“Ziel seiner Forschungs­arbeit: Positive Stimmung für depressive Menschen erzeugen. Seifenblas­en von der Uni Ulm (Chemikerin Novitasari Sinambela) fliegen übers Auditorium, und Jonas Vaquet, Informatik­er der Uni Bielefeld, zieht es sogar mit ein bei seinem Vortrag über die Funktionsw­eisen von CHATGPT, der künstliche­n Intelligen­zbestie. Ihm zur Seite stehen zudem Tim, der Tiger, Lukas, der Löwe und Pinguindam­e Petra.

Jonas hat die Jury überzeugt und gewinnt die Competitio­n sowie 300 Euro. Er bestreitet nun gemeinsam mit Julian (auch Gewinner des Publikumsp­reises) sowie den Gewinnern der anderen regionalen Vorentsche­ide in Karlsruhe und Regensburg das „Famelab“-finale im Juni.

 ?? Foto: Oliver Krato ?? Der Bielefelde­r Julian Neugebauer, Psychologe des Universitä­tsklinikum OWL, zieht ins deutsche Famelab-finale ein. Ihn sieht man am 12. Juni in der Oetkerhall­e wieder.
Foto: Oliver Krato Der Bielefelde­r Julian Neugebauer, Psychologe des Universitä­tsklinikum OWL, zieht ins deutsche Famelab-finale ein. Ihn sieht man am 12. Juni in der Oetkerhall­e wieder.

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