Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock
Führerschein wird immer teurer
Viele Fahrschüler müssen für die Fahrerlaubnis auch in Bielefeld tief in die Tasche greifen. Woran das liegt und wie Schüler hohen Preisen vorbeugen.
Bielefeld. Die Fahrerlaubnis kostet viel Geld – auch in Bielefeld sind 3.000 Euro und mehr heute keine Seltenheit. Der deutliche Anstieg macht sich nicht nur im Vergleich mit Zahlen von vor mehreren Jahrzehnten bemerkbar, als das Papier für 500 Mark zu erlangen war, sondern insbesondere in den vergangenen Monaten und Jahren schlägt der Preis auf die Geldbeutel vieler Anwärter.
Die Gründe sieht Volker Uflacker, Fahrlehrer und Bielefelder Unterbezirksleiter im Fahrlehrerverband Westfalen, einerseits in der Situation der Fahrschulen, andererseits aber auch bei mehr Zeit, die der Führerscheinerwerb heute in Anspruch nähme.
Das bestätigt eine Adacumfrage unter 17- bis 25-jährigen Fahranfängern. 46 Prozent derjenigen, die ihren Führerschein zwischen Sommer und Herbst 2023 gemacht haben, gaben Kosten zwischen 2.500 und 3.000 Euro an – und außerdem eine längere Dauer der Fahrschulzeit. Bis zu 20 zusätzliche Fahrstunden sind keine Seltenheit.
„Bei vielen fällt mittlerweile das weg, was früher selbstverständlich war. Natürlich wurde mal auf einem Parkplatz oder Grundstück geübt. Dazu soll niemand angestiftet werden, aber diese Erfahrung fehlt vielen“, sagt Uflacker. Außerdem seien vielseitige Belastungen, Stress und damit weniger Fokus auf den Führerschein ein Grund, der für zunehmendes Durchfallen und auch zu mehr erforderlichen Fahrstunden führe.
Wer also die Möglichkeit hat, sich ausreichend Zeit für den Führerschein zu nehmen, wird in der Regel mit weniger Kosten davonkommen. Zusätzlich sei der Führerschein auf dem Land oft günstiger; durch die meist einfachere Verkehrssituation werde oft weniger Zeit benötigt.
Uflacker gibt die durchschnittlichen Führerscheinkosten in Bielefeld für 2024 mit 3.070 Euro an, der Preisanstieg habe innerhalb des letzten Jahres bei rund 11 Prozent gelegen, sagt er und bezieht sich damit auf Zahlen des Vereins „Moving International
Road Safety Association“, die auf Bielefeld anwendbar seien. Natürlich gäbe es aber immer Ausreißer. Was hinzukommt, sind die Fixkosten für Sehtest, Erste-hilfe-nachweis und Lernmaterial.
Nicht nur die Fahrschüler, sondern auch die Fahrschulen stehen neben grundsätzlich steigenden Kosten vor Herausforderungen: „Wir haben Fahrlehrermangel, zudem kommen veränderte Anforderungen und Möglichkeiten beim Führerscheinerwerb dazu“, sagt Uflacker. Bestes Beispiel sei der 2021 eingeführte B-197-führerschein, bei dem Fahrstunden und Prüfung in einem Automatikfahrzeug absolviert werden dürfen. Die erworbene Fahrerlaubnis gilt jedoch dann auch für Schaltfahrzeuge
– vorausgesetzt, einige Pflichtfahrstunden wurden in einem Schaltwagen absolviert. „Viele Fahrschulen mussten sich zusätzliche Automatikfahrzeuge anschaffen, weil dieser Führerschein natürlich sehr gefragt ist – das kostet viel Geld“, sagt der Fahrlehrer.
Auch in der Prüfungssituation sieht Uflacker Gründe für einen oft langen und damit teuren Weg bis zum Führerschein. „Es gibt mittlerweile hohe Prüfungsanforderungen, außerdemwurdedieprüfungszeit auf 55 Minuten verlängert. Das sorgt zum einen für einen Prüfungsstau, man braucht also mehr Zeit, um überhaupt zur Prüfung zugelassen zu werden – und auch auf die Prüfungskosten schlägt sich das nieder.“Hat eine praktische Führerscheinprüfung beim TÜV vor vier Jahren noch rund 90 Euro gekostet, sind es mittlerweile etwa 130 Euro.
Claas Alexander Stroh vom TÜV Nord bestätigt, dass die Tendenz zum Durchfallen zunimmt, insbesondere in der Theorieprüfung. Seien 2021 in Bielefeld noch rund 34 Prozent der Prüflinge durch die Theorie gerasselt, so waren es 2023 bereits rund 42 Prozent, teilt er mit. Bei den praktischen Prüfungen liegt die Durchfallquote konstant bei 33 Prozent. Und wer durchfällt, zahlt drauf: für zusätzliche Fahrstunden und für die erneute Prüfungsgebühr von über 100 Euro im praktischen und 30 Euro im theoretischen Fall.
Die Nachfrage nach dem Führerschein bleibe in Bielefeld konstant, sagt Uflacker stellvertretend für die Fahrschulen im Stadtgebiet. Jedoch: „Die Anwärter werden älter. Gerade in der Stadt ist der Führerschein in jungen Jahren oft nicht mehr notwendig, genauso wenig wie ein Auto. Für viele wird er dann wichtig, wenn sie in den Beruf einsteigen. Doch mit dem höheren Alter ist oft weniger Zeit verbunden – auch ein Grund fürdenbedarfnachmehrfahrstunden und damit höhere Kosten.“
Nachfrage ist konstant, aber Prüflinge werden zunehmend älter