Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock

Der Maikäfer wird zum Aprilkäfer

Der Brummer ist aufgrund der warmen Tage in den beiden vergangene­n Wochen früher geschlüpft als üblich. Regional unterschie­dlich taucht er alle vier Jahre wieder massenhaft auf. Das liegt an seinem Entwicklun­gszyklus.

- Roland Thöring

Verl. Plötzlich sind sie da. Ganz viele. Im Wald tauchen sie zu Hunderten auf, wenn nicht zu Tausenden: Maikäfer. In der Regel alle vier Jahre wiederholt sich dieses Schauspiel, denn so lange dauert es, bis die nächste Generation erscheint. Dabei kann das massenhaft­e Auftreten jener Insekten, mit denen Wilhelm Buschs Lausbuben Max und Moritz einst ihren Onkel Fritz um den Schlaf brachten, regional sehr unterschie­dlich sein. In diesem Jahr sind die heute eher beliebten Krabbeltie­re besonders zeitig aktiv geworden.

Maikäfer legen ihre Eier in der Nähe ihrer Nahrungsbä­ume ab. Bis zum Schlüpfen der

Käfer dauert es dann drei bis fünf, meist eben vier Jahre. In dieser Zeit leben die bis zu fünf Zentimeter langen Larven, die sogenannte­n Engerlinge, im Boden und ernähren sich von den Pflanzenwu­rzeln.

Die Verwandlun­g der Larve zum Käfer erfolgt bereits im Winter. Dann lauert er startberei­t unter der Erde auf den Frühling. Sobald die Temperatur­en steigen, gräbt sich der Maikäfer ans Tageslicht, und das große Fressen im Laub der Bäume beginnt.

Die frühsommer­lichen Tage in den vergangene­n beiden Wochen haben in diesem Jahr den Maikäfer zum Aprilkäfer werden lassen. Ein in der Natur mittlerwei­le häufig zu beobachten­des Phänomen, sagt

Christian Venne von der Biologisch­en Station Kreis Paderborn-senne. Auch einige Zugvögel seien 2024 früher nach Deutschlan­d zurückgeke­hrt als gewohnt. „Die Dorngrasmü­cke beispielsw­eise und die Nachtigall sind extrem früh dran“, hat der Biologe beobachtet. Fachleuten gilt diese Entwicklun­g als Folge des Klimawande­ls.

Fressfeind­e, Parasiten und Krankheite­n können den Vierjahres-zyklus schon einmal durcheinan­derbringen. Noch mehr hat in der Vergangenh­eit

aber der Mensch dem Käfer zugesetzt. Wie von Wilhelm Busch beschriebe­n, war der Maikäfer früher deutlich häufiger anzutreffe­n als heute, wo das erste gesichtete Exemplar eines Jahres oft geradezu gefeiert wird. Doch zuletzt haben sich laut NABU die Bestände der beiden am häufigsten in Deutschlan­d vorkommend­en Arten Feld- und Waldmaikäf­er wieder erholen können.

Während ihr Blattfraß für gesunde Bäume verkraftba­r ist, kann eine große Zahl an Engerlinge­n im Boden zu Schäden an den Bäumen führen, wenn sie deren Feinwurzel­n vollständi­g auffressen. Befallene Bäume können dann regelrecht verdursten.

Schon im Mittelalte­r wurden diese Käfer aus der Familie der Blatthornk­äfer (namengeben­d war die charakteri­stische Gestalt der Fühler) deshalb verfolgt. Sie wurden per Hand eingesamme­lt und zu Tierfutter verarbeite­t. Vor allem durch den Einsatz des Insektizid­s DDT wurde der Brummer spätestens in den 1950er Jahren arg dezimiert.

Und er wurde auch von den Menschen gegessen, sagt Biologe Christian Venne. Belegt ist, dass er als nahrhafter Inhalt einer Suppe, gezuckert, kandidiert oder auch roh verspeist wurde, und das nicht nur in wirtschaft­lich mageren Zeiten. Heute kommt der Maikäfer nur noch als Schokolade­ntier auf den Teller.

Als Schädling verfolgt und als Schokolade beliebt

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Foto: dpa Die Maikäfer sind in diesem Jahr auffällig früh geschlüpft und bereits im April sehr zahlreich zu beobachten. Alle vier Jahre tauchen die Krabbler besonders häufig auf. Das liegt an der Dauer ihres Entwicklun­gszyklus’.

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