Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock
Kinderkrebsprojekt „Fruchtalarm“in Nöten
Seit 2010 aktiv. Jetzt muss das Team erstmals Kliniken und Hospizen Absagen erteilen.
Bielefeld.
Gerade erst hat Eliza Schilling einer Einrichtung in Oldenburg eine Absage erteilen müssen. „Es ging leider nicht anders. Wir können aufgrund unserer finanziellen Situation nicht weiter wachsen“, erklärt die Geschäftsführerin beim Tag der offenen Tür des Kinderkrebsprojekts „Fruchtalarm“. Das hat seine Zentrale an der Ziegelstraße 86. Aktiv ist es jedoch inzwischen an 41 Standorten in ganz Deutschland. Weil aber die Spendenbereitschaft in Krisenzeiten gesunken ist, muss das Projekt auf die Bremse treten.
Das Fruchtalarm-team sei bereits verkleinert, Prozesse seien optimiert worden, sagt Schilling. Denn im Budget des rein mit Spenden finanzierten Projekts klaffte 2023 eine Lücke von 300.000 Euro. Sie seien nicht die einzigen, die von der stark zurückgegangenen Zahl an Spenden hart getroffen worden seien, sagt die Geschäftsführerin. „Das erleben aktuell viele lokale Stiftungen und Initiativen, einige haben ihre Arbeit einstellen müssen.“Krisen, Inflation sowie andere wichtige Spendengründe wie die Flutkatastrophe im Ahrtal oder der Kriegsausbruchinderukrainehättendazu geführt, dass die Menschen weniger gute Zwecke in ihrer Heimat unterstützt hätten.
Der Bielefelder Familienvater und stadtbekannte Gastronom Marcel Lossie hatte „Fruchtalarm“2010 gegründet, nachdem sein kleiner Sohn unheilbar an Krebs erkrankt war. „Er hat damals selber erfahren, wie der Alltag auf einer Kinderkrebsstation aussieht. Den Kindern fehlt es dort nicht an medizinischer Versorgung oder an der Aufmerksamkeit von Menschen, die sich um sie Sorgen machen“, erklärt Jessica Arend aus dem Fruchtalarm-team. Ihnen fehlten vor allem normale Momente unbeschwerter Kindheit. „Schule, Sportverein, Kindergeburtstage fallen flach. Gleichzeitig fällt es vielen erkrankten Kindern schwer, Nahrung zu sich zu nehmen.“
Für seinen Sohn entwickelte Gastronom Lossie deshalb eine kleine Fruchtsaft-cocktailbar, mit der er bald auch im Nebenzimmer und schließlich auf allen Fluren der Kinderonkologie in Bethel unterwegs war. Heute organisiert die Fruchtalarm ggmbh als Tochter der Von-laer-stiftung von Sylt bis Freiburg ehrenamtliche Teams, deren Mitarbeiter als „Fruchties“zusammen mit kleinen Patientinnen und Patienten in Kliniken einmal die Woche Gute-launecocktails mixen oder in Kinderhospizen mit „Duftcocktails“für wohltuende Erlebnisse sorgen.
Für die inzwischen 300 Ehrenamtlichen deutschlandweit, die lediglich eine Aufwandsentschädigung erhalten, sei die Arbeit unheimlich erfüllend, sagt Schilling. 80 Prozent der Kinder, die an Krebs erkranken,würdenzudemwieder gesund. Für die spielerischen Fruchtalarm-momente in schweren Zeiten seien viele Familien noch lange nach dem Klinikaufenthalt dankbar. Gerne würde das Kinderkrebsprojekt weiter wachsen. Stetig gehen Anfragen von Kliniken und Hospizen im Büro an der Ziegelstraße ein, die sich einen „Fruchtalarm“wünschen. Doch es fehlen die Mittel.
2024 werde sich jetzt zeigen müssen, ob das Projekt der Zahl seiner Standorte gewachsen ist, sagt Schilling. Und wenn nicht? „Dann müssen wir unser Angebot einschränken, das wäre der schlimmste Fall. Denn wir machen den Kindern in den Kliniken mit unserem Fruchtalarm ein Versprechen, dass wir für sie da sind.“
https://fruchtalarm.de/