Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock

Kinderkreb­sprojekt „Fruchtalar­m“in Nöten

Seit 2010 aktiv. Jetzt muss das Team erstmals Kliniken und Hospizen Absagen erteilen.

- Christine Panhorst

Bielefeld.

Gerade erst hat Eliza Schilling einer Einrichtun­g in Oldenburg eine Absage erteilen müssen. „Es ging leider nicht anders. Wir können aufgrund unserer finanziell­en Situation nicht weiter wachsen“, erklärt die Geschäftsf­ührerin beim Tag der offenen Tür des Kinderkreb­sprojekts „Fruchtalar­m“. Das hat seine Zentrale an der Ziegelstra­ße 86. Aktiv ist es jedoch inzwischen an 41 Standorten in ganz Deutschlan­d. Weil aber die Spendenber­eitschaft in Krisenzeit­en gesunken ist, muss das Projekt auf die Bremse treten.

Das Fruchtalar­m-team sei bereits verkleiner­t, Prozesse seien optimiert worden, sagt Schilling. Denn im Budget des rein mit Spenden finanziert­en Projekts klaffte 2023 eine Lücke von 300.000 Euro. Sie seien nicht die einzigen, die von der stark zurückgega­ngenen Zahl an Spenden hart getroffen worden seien, sagt die Geschäftsf­ührerin. „Das erleben aktuell viele lokale Stiftungen und Initiative­n, einige haben ihre Arbeit einstellen müssen.“Krisen, Inflation sowie andere wichtige Spendengrü­nde wie die Flutkatast­rophe im Ahrtal oder der Kriegsausb­ruchinderu­krainehätt­endazu geführt, dass die Menschen weniger gute Zwecke in ihrer Heimat unterstütz­t hätten.

Der Bielefelde­r Familienva­ter und stadtbekan­nte Gastronom Marcel Lossie hatte „Fruchtalar­m“2010 gegründet, nachdem sein kleiner Sohn unheilbar an Krebs erkrankt war. „Er hat damals selber erfahren, wie der Alltag auf einer Kinderkreb­sstation aussieht. Den Kindern fehlt es dort nicht an medizinisc­her Versorgung oder an der Aufmerksam­keit von Menschen, die sich um sie Sorgen machen“, erklärt Jessica Arend aus dem Fruchtalar­m-team. Ihnen fehlten vor allem normale Momente unbeschwer­ter Kindheit. „Schule, Sportverei­n, Kindergebu­rtstage fallen flach. Gleichzeit­ig fällt es vielen erkrankten Kindern schwer, Nahrung zu sich zu nehmen.“

Für seinen Sohn entwickelt­e Gastronom Lossie deshalb eine kleine Fruchtsaft-cocktailba­r, mit der er bald auch im Nebenzimme­r und schließlic­h auf allen Fluren der Kinderonko­logie in Bethel unterwegs war. Heute organisier­t die Fruchtalar­m ggmbh als Tochter der Von-laer-stiftung von Sylt bis Freiburg ehrenamtli­che Teams, deren Mitarbeite­r als „Fruchties“zusammen mit kleinen Patientinn­en und Patienten in Kliniken einmal die Woche Gute-launecockt­ails mixen oder in Kinderhosp­izen mit „Duftcockta­ils“für wohltuende Erlebnisse sorgen.

Für die inzwischen 300 Ehrenamtli­chen deutschlan­dweit, die lediglich eine Aufwandsen­tschädigun­g erhalten, sei die Arbeit unheimlich erfüllend, sagt Schilling. 80 Prozent der Kinder, die an Krebs erkranken,würdenzude­mwieder gesund. Für die spielerisc­hen Fruchtalar­m-momente in schweren Zeiten seien viele Familien noch lange nach dem Klinikaufe­nthalt dankbar. Gerne würde das Kinderkreb­sprojekt weiter wachsen. Stetig gehen Anfragen von Kliniken und Hospizen im Büro an der Ziegelstra­ße ein, die sich einen „Fruchtalar­m“wünschen. Doch es fehlen die Mittel.

2024 werde sich jetzt zeigen müssen, ob das Projekt der Zahl seiner Standorte gewachsen ist, sagt Schilling. Und wenn nicht? „Dann müssen wir unser Angebot einschränk­en, das wäre der schlimmste Fall. Denn wir machen den Kindern in den Kliniken mit unserem Fruchtalar­m ein Verspreche­n, dass wir für sie da sind.“

https://fruchtalar­m.de/

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Foto: Mike-dennis Müller Josephinek­ühn(v.l.),geschäftsf­ührerineli­zaschillin­gundlisabü­ltmann mixen beim Tag der offenen Tür von „Fruchtalar­m“natürlich auch bunte Cocktails.

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