Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock
Klassentreffen der Politik-granden
Der langjährige Spd-politiker Rainer Wend ist gerade 70 geworden. Bei der Vorstellung seiner Lebenserinnerungen schauen auch Elmar Brok und der OB vorbei.
Bielefeld. Ein bisschen hat es etwas von einem Klassentreffen. Viele sind gekommen, die damals in der 70er, 80er, 90er undbisindieersten2000erjahre hinein in Bielefeld für die SPD Politik gemacht, sie mitgestaltet oder begleitet haben. Volker Hausmann, früherer Oberstadtdirektor, der Sozialpolitiker Günter Garbrecht, Brigitte Reckmann, ehemalige Ratsfrau. Oder Bernd Brunemeier, der gefühlt ewige Landtagsabgeordnete und Strippenzieher im Hintergrund. Gewissermaßen aus der Parallelklasse ist ein anderer Großer der Bielefelder Politik dabei, der frühere Cdu-europaabgeordneteelmarbrok.undaus der aktuellen Garde gesellt sich OB Pit Clausen dazu.
Sie alle sind ins Spdstammlokal „Cafénio“am Rathaus eingekehrt, um Rainer Wend die Ehre zu erweisen. Der langjährige Kommunalund Bundespolitiker und spätere Post-manager ist gerade 70 geworden. Der frühere Nw-journalist Peter Stuckhard hat Wends Leben aufgeschrieben. Herausgekommen ist ein 122 Seiten starkes Büchlein, das an diesem Abend vorgestellt wird. „Eine Karriere vom Linksradikalen zum Cheflobbyisten“, lautet der Titel. Im lockeren Plauderton lässt man Revue passieren, was da in einem roten Einband zusammengefasst ist. Dass Rainer Wends Vater Bücher von Lenin und Stalin besaß. Dass ein
Anwerbungsversuch der Stasi im Karstadt-restaurant an der Bielefelder Bahnhofstraße endete. Dass der Spd-altvordere Heini Hunger Wend in seinen Schrebergarten einlud, um ihn auf seine Politik-tauglichkeit zu testen. Dass Wend als Bundestagsabgeordneter ein „Frog“war, ein „Friend of Gerhard Schröder“, der dessen Agenda-politik eisern verteidigte und vorantrieb.
Aber es ist nicht nur der
Wandel vom ultralinken Jurastudenten in frühen Marburger Uni-jahren hin zum obersten Lobbyisten für die Deutsche Post DHL, der die Gespräche an diesem Abend bestimmt. „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“, zitiert Dirk Ukena, EX-VHS-CHEF und heute Sprecher des Bielefelder Gesprächsforums soziale Demokratie, August Bebel. Ein großes Wort, aber ein bisschen begleitet es auch diese Buchvorstellung,zuderdasforum eingeladen hat. Manchmal seien seine Genossen heute „sehr in einer ideologischen Blase gefangen“, sagt Wend. „Die SPD muss vor Ort aufpassen, dass sie mit ihrer Politik noch an die Lebenswirklichkeit der Menschen anknüpft.“
„Rainer Wend und ich verstehen uns von Jahr zu Jahr besser“, sagt Unions-mann Elmar Brok. „Wenn wir uns heute treffen, schimpfen wir über unsere jeweiligen Parteien und wissen doch, wo wir hingehören“, gibt er schmunzelnd zum Besten. Seine Botschaft an diesem Abend: „Man muss die Positionen des jeweils anderen achten.“Bei allen Kontroversen dürfe die Dialogbereitschaft nicht schwinden.
„Ich schaue mit Sorge auf den wachsenden Populismus“, sagt Oberbürgermeister Pit Clausen. Dadurch werde es immer schwieriger, Politik zu gestalten und wichtige Entscheidungen voranzubringen. Moderator Peter Stuckhard fragt den Rathaus-chef, ob dieser denn schon eine Entscheidung getroffen habe und nächstes Jahr erneut für das OB-AMT kandidiere. „Schauen wir mal“, sagt Clausen. Er habe eine Entscheidung bis zum Sommer angekündigt. „Heute ist noch nicht der richtige Moment.“Wend war es übrigens, der Clausen seinerzeit zunächst für den Ratsfraktion-vorsitz und später für die Ob-kandidatur vorschlug. Inzwischen ist Clausen seit 15 Jahren im Amt.
„War also nicht ganz falsch“, sagt Wend.