Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock
Noch mehr Zustimmung zur Stalag-arbeit
Zahlreiche Unterstützer finanzieren eine große Tagung mit mehr als 100 Teilnehmern in Bielefeld. Zwei Historiker erklären, warum sie für die Planung der neuen Gedenkstätte so wichtig ist.
„Wir würden nicht über dieses Projekt sprechen, wenn es den Förderverein nicht gäbe“
Schloß Holte-stukenbrock.
Junge Leute finden den realen Ort, an dem Nazi-deutschland sowjetische Kriegsgefangene eingesperrt und drangsaliert hat und auch verhungern ließ, wesentlich wichtiger als eine digitale Animation, von der man ja glauben möchte, dass junge Leute sie ansprechender finden. Das ist ein Ergebnis der Tagung mit gut 100 Teilnehmern zum Ausbau der Stalag-gedenkstätte zu einem Erinnerungsort von nationaler Bedeutung, die jüngst in Bielefeld stattgefunden hat. Gedenkstättenleiter Oliver Nickel und Lwl-historiker Christoph Herkströter ziehen Bilanz und blicken voraus.
Diese Erkenntnis ist deshalb so wichtig, weil die neue Gedenkstätte gerade den jungen Generationen nachdrücklich verdeutlichen soll, wie wichtig Demokratie und warum Diktatur so gefährlich ist. Drei Schüler des Gymnasiums hatten während der Tagung im Historischen Saal der VHS Bielefeld die Sicht der jungen Generation geschildert, als es um die (digitale) Gedenkstättenpädagogik ging. Andere Themen waren unter anderem archäologische Grabungen und Forschungsperspektiven.
Und es ging um den Umgang mit den historischen Bestandsgebäuden: Arrestgebäude, Entlausung, Evangelische Lagerkirche und drei Baracken aus der Zeit des Sozialwerks für Vertriebene und Geflüchtete, das auf das Kriegsgefangenenlager am Lippstädter Weg folgte. Sie werden sorgfältig saniert und später für Ausstellungen genutzt. Gedenkstättenleiter Oliver Nickel sagt im Gespräch mit der „NW“, am Beginn der Planung einer neuen Gedenkstätte sei darüber diskutiert worden, das Projekt am Ehrenfriedhof für sowjetische Kriegsgefangene einen Fußmarsch entfernt um- und mithin auch die Lagerkirche zu versetzen. Dass man sich damals dagegen entschieden hat, unterstützte jetzt während der Tagung in Bielefeld eine Baugutachterin. Sie habe die Kombination der noch erhaltenen Gebäude als „in dieser Form einmalig“bezeichnet, sagt Lwlhistoriker Christoph Herkströter.
Wie berichtet, waren jüngst die Gedenkstättenpläne abgespeckt worden, um die Beteiligung des Kreises Gütersloh an den Betriebskosten zu sichern, was gelungen ist. Derzeit wird die ursprüngliche Machbarkeitsstudie des Landschaftsverbandes überarbeitet. Fest steht, dass es nur ein neuesgebäudeameingangzurgedenkstätte geben wird. Ursprünglich sollte es mehr als 4.000 Quadratmeter groß sein, jetzt sind nur noch 800 geplant, auf denen Büros und Seminarräume untergebracht werden. Der ehrenamtliche Förderverein der aktuellen Gedenkstätte könne sich darauf verlassen,sagtchristophherkströter vom LWL, dass er seinen Platz in diesem Gebäude finden wird. „Wir würden nicht über dieses Projekt sprechen, wenn es den Förderverein nicht gäbe.“Der hauptamtliche Gedenkstättenleiter
Oliver Nickel spricht von weit mehr als 50.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die der Förderverein bislang investiert habe. Das Interesse am Stalag 326 und der Folgenutzung des Kriegsgefangenenlager habe wegen des deutlich gesteigerten Bekanntheitsgrades auffällig zugenommen. „Es ist gewaltig“, sagt Nickel, „wie viele Führungsanfragen wir haben.“
Kritik und Vorbehalte auszuräumen war ein Ziel der Tagung, an der unter anderem bekannte Historiker aus ganz Deutschland teilgenommen haben. Dabei ging es offenbar vorrangig um die Kosten, die mit der überarbeiteten Machbarkeitsstudie gesenkt, erklärt und relativiert werden. Historiker
Christoph Herkströter betontaber,manmüssemitder Diskussion weg von den Zahlen und hin zu den Inhalten kommen. „Gesellschaftsgeschichte ist ohne die Kriegsgefangenen nicht denkbar.“