Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock
Kiffen auf der Kirmes?
Ab Freitag werden wieder die großformatigen Werbeplakate für die anstehende Pfingstkirmes aufgestellt. Stadt und Schausteller setzen sich kritisch mit dem Konsum von Cannabis auseinander, aber ein offizielles Verbot gibt es nicht.
Gütersloh. Wabern demnächst Wolken süßen Cannabis-rauchs über die Gütersloher Kirmes und mischen sich mit dem Duft von gebrannten Mandeln, Popcorn und Zuckerwatte? Dieses Szenario scheint seit der Teillegalisierung zu Monatsbeginn durchaus nicht ausgeschlossen zu sein. Ein ausdrückliches Verbot wie etwa in Düsseldorf hat die Stadt Gütersloh bislang jedenfalls nicht verhängt. „Fakt ist: Es gibt keine Ausführungsverordnung vom Land, die Zuständigkeiten sind noch unklar. Wir wissen nicht einmal, ob wir es überhaupt verbieten dürften“, sagt Nicole Pollklas.
Zwar habe das Bundesland Bayern am Dienstag den Vorstoß unternommen, und Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten grundsätzlich verboten. „So etwas fehlt uns aber in NRW“, verdeutlicht die Leiterin des Gütersloher Ordnungsamtes die missliche Lage. Sie äußert sich ebenso wie die Polizei und Schaustellerchef Manuel Schneider. Der 52-Jährige verrät zudem, was in diesem Jahr „auf dem Rummel“geplant ist.
Bereits an diesem Freitag, 19. April, beginnen der Kirmes-betreiber und seine Mitarbeiteringüterslohdamit,die ersten großformatigen Werbeplakate für die knapp einen
Monat später stattfindende Großveranstaltung anzubringen. Vom 17. bis zum 20. Mai findet die Pfingstkirmes rund um den Marktplatz statt. An den vier Tagen laufen jeweils von 14 bis 23 Uhr die Fahrgeschäfte, zu denen diesmal auch ein 38 Meter hohes Riesenrad mit offenen Gondeln zählt. „Rund 90 Schausteller sind dabei“, verrät Schneider. „Bubatzkarte“im Internet zeigt Zonen, in denen Kiffen erlaubt oder verboten ist
Der Lippstädter ist seit dem Tod seines Vaters und „Mr. Kirmes“August Schneider am 21. April vor zwei Jahren in dessen Fußstapfen als Marktmeister und Vorsitzender des Schaustellervereins Gütersloh-lippstadt getreten. Er hat eine klare Meinung zum Konsum von Joints auf der Kirmes. „Wir Schausteller sind dagegen, dass bei uns so etwas stattfindet. Die Kirmes ist ja keine Disco, in die man erst ab 18 Jahren reinkommt, sondern ein Familienfest. Wir werden uns an die gesetzlichen Vorgaben halten.“
Geregelt wird die Nutzung von Cannabis in der Öffentlichkeit im Konsumcannabisgesetz (KCANG), welches seit dem 1. April gültig ist. Dessen Paragraf 5 (Konsumverbot) schränkt die Möglichkeiten für die Gütersloher Pfingstkirmes bereits beträchtlich ein. Denn zum einen ist der Cannabiskonsum demnach „in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“verboten. Zum anderen gilt das Tabu auch für Flächen, die 100 Meter von Schulen und öffentlich zugänglichen Sportstätten entfernt liegen – was in Gütersloh wohl für das Städtische Gymnasium und dessen Turnhalle an der Bismarckstraße gilt.
Eine genaue Einsicht über Verbotszonen, in denen der Konsum generell untersagt bleibt, gibt die sogenannten „Bubatzkarte“im Internet (bubatzkarte.de). Beim Blick auf Gütersloh zeigt sich hier, dass fast das gesamte rund 18.000 Quadratmeter große, teils eingezäunte Kirmesgelände ohnehin „rotes Gebiet“ist. Zwar sind kleine Teilbereiche der Straße Am Wochenmarkt und des Parkplatzes davon ausgenommen, was Mitgrund dafür sein dürfte, dass die Stadt schreibt, dass der Konsum von Cannabis auf dem Kirmesgelände „ganz überwiegend nicht erlaubt sein“dürfte. Allerdings hat sie – wie erwähnt – auch keine anderen Möglichkeiten. „Außerdem kann man in solchen Bereichen ja auch nicht ausschließen, dass sich Minderjährige in der unmittelbaren Nähe befinden“, erläutert Nicole Pollklas. Schausteller-chef: Wie die Reaktionen auf anderen Kirmessen waren
Fest steht, dass die Stadt Gütersloh keine Verbotsschilder aufhängen wird. Aber: Polizei und Ordnungsbehörde sind auf der Kirmes präsent und kontrollieren. „Sie werden den Konsum von Cannabis ahnden, sofern hierzu dann eine rechtliche Grundlage gegeben ist“, erklärte die Leiterin des Fachbereichs Ordnung. Ein Sprecher des Nrwinnenministeriums in Düsseldorf erklärte am Donnerstag, dass man weiterhin prüfe, welche Ressorts zuständig seien und wie man die Umsetzung regele.
Die Polizei NRW begutachte aktuell intern, welche Maßstäbe bei künftigen Kontrollen gelten würden, so der Ministeriumssprecher. „Fakt ist: Wir sind da, um Gefahren abzuwehren und Straftaten zu verhindern. Wir werden wie immer auf der Kirmes zugegen sein. Auch das Cannabisthema werden wir dabei im Blick haben“, erklärt Polizeisprecher Mark Kohnert am Donnerstag.
Schausteller-chef Manuel Schneider grübelt noch, wie er mit dem Thema Cannabis umgehen soll. Er erwägt angesichts der noch unklaren Vorgaben, möglicherweise vom Hausrecht als Veranstalter Gebrauch zu machen. Doch noch wolle er abwarten, wie sich die Situation entwickele und in der kommenden Woche das Gespräch mit der Stadt suchen. Bei den jüngsten Veranstaltungen – der Palmkirmes in Recklinghausen und der Osterkirmes an der Bielefelder Radrennbahn sowie in Lippstadt – sei das Thema nicht aufgeflammt. „Die qualmen uns ja nicht die Kirmes zu.“
An den vier Tagen in Gütersloh werden wieder einige Attraktionen präsentiert: Neben dem 38-Meter-riesenrad, das mit acht Transportern aus Ostfriesland an die Dalke gebracht wird, warten auch das Rundfahrgeschäft „The Shaker“mit Schaukelgondeln aus Dortmund und das Überkopffahrgeschäft „Jekyll und Hyde“. „Ein Propeller, bei dem man sich in 45 Metern Höhe überschlägt“, schildert Manuel Schneider. Für Nervenkitzel dürfte somit ebenso gesorgt sein, wie für puren Fahrspaß. Bei den Preisen versuche man, das Niveau der Vorjahre zu halten, sagt der Schausteller-chef. Eine Fahrt im Autoscooter koste demnach ebenso 3,50 Euro wie die Runden im Musik-express.