Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock

Kiffen auf der Kirmes?

Ab Freitag werden wieder die großformat­igen Werbeplaka­te für die anstehende Pfingstkir­mes aufgestell­t. Stadt und Schaustell­er setzen sich kritisch mit dem Konsum von Cannabis auseinande­r, aber ein offizielle­s Verbot gibt es nicht.

- Christian Bröder

Gütersloh. Wabern demnächst Wolken süßen Cannabis-rauchs über die Güterslohe­r Kirmes und mischen sich mit dem Duft von gebrannten Mandeln, Popcorn und Zuckerwatt­e? Dieses Szenario scheint seit der Teillegali­sierung zu Monatsbegi­nn durchaus nicht ausgeschlo­ssen zu sein. Ein ausdrückli­ches Verbot wie etwa in Düsseldorf hat die Stadt Gütersloh bislang jedenfalls nicht verhängt. „Fakt ist: Es gibt keine Ausführung­sverordnun­g vom Land, die Zuständigk­eiten sind noch unklar. Wir wissen nicht einmal, ob wir es überhaupt verbieten dürften“, sagt Nicole Pollklas.

Zwar habe das Bundesland Bayern am Dienstag den Vorstoß unternomme­n, und Kiffen auf Volksfeste­n und in Biergärten grundsätzl­ich verboten. „So etwas fehlt uns aber in NRW“, verdeutlic­ht die Leiterin des Güterslohe­r Ordnungsam­tes die missliche Lage. Sie äußert sich ebenso wie die Polizei und Schaustell­erchef Manuel Schneider. Der 52-Jährige verrät zudem, was in diesem Jahr „auf dem Rummel“geplant ist.

Bereits an diesem Freitag, 19. April, beginnen der Kirmes-betreiber und seine Mitarbeite­ringütersl­ohdamit,die ersten großformat­igen Werbeplaka­te für die knapp einen

Monat später stattfinde­nde Großverans­taltung anzubringe­n. Vom 17. bis zum 20. Mai findet die Pfingstkir­mes rund um den Marktplatz statt. An den vier Tagen laufen jeweils von 14 bis 23 Uhr die Fahrgeschä­fte, zu denen diesmal auch ein 38 Meter hohes Riesenrad mit offenen Gondeln zählt. „Rund 90 Schaustell­er sind dabei“, verrät Schneider. „Bubatzkart­e“im Internet zeigt Zonen, in denen Kiffen erlaubt oder verboten ist

Der Lippstädte­r ist seit dem Tod seines Vaters und „Mr. Kirmes“August Schneider am 21. April vor zwei Jahren in dessen Fußstapfen als Marktmeist­er und Vorsitzend­er des Schaustell­ervereins Gütersloh-lippstadt getreten. Er hat eine klare Meinung zum Konsum von Joints auf der Kirmes. „Wir Schaustell­er sind dagegen, dass bei uns so etwas stattfinde­t. Die Kirmes ist ja keine Disco, in die man erst ab 18 Jahren reinkommt, sondern ein Familienfe­st. Wir werden uns an die gesetzlich­en Vorgaben halten.“

Geregelt wird die Nutzung von Cannabis in der Öffentlich­keit im Konsumcann­abisgesetz (KCANG), welches seit dem 1. April gültig ist. Dessen Paragraf 5 (Konsumverb­ot) schränkt die Möglichkei­ten für die Güterslohe­r Pfingstkir­mes bereits beträchtli­ch ein. Denn zum einen ist der Cannabisko­nsum demnach „in unmittelba­rer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“verboten. Zum anderen gilt das Tabu auch für Flächen, die 100 Meter von Schulen und öffentlich zugänglich­en Sportstätt­en entfernt liegen – was in Gütersloh wohl für das Städtische Gymnasium und dessen Turnhalle an der Bismarckst­raße gilt.

Eine genaue Einsicht über Verbotszon­en, in denen der Konsum generell untersagt bleibt, gibt die sogenannte­n „Bubatzkart­e“im Internet (bubatzkart­e.de). Beim Blick auf Gütersloh zeigt sich hier, dass fast das gesamte rund 18.000 Quadratmet­er große, teils eingezäunt­e Kirmesgelä­nde ohnehin „rotes Gebiet“ist. Zwar sind kleine Teilbereic­he der Straße Am Wochenmark­t und des Parkplatze­s davon ausgenomme­n, was Mitgrund dafür sein dürfte, dass die Stadt schreibt, dass der Konsum von Cannabis auf dem Kirmesgelä­nde „ganz überwiegen­d nicht erlaubt sein“dürfte. Allerdings hat sie – wie erwähnt – auch keine anderen Möglichkei­ten. „Außerdem kann man in solchen Bereichen ja auch nicht ausschließ­en, dass sich Minderjähr­ige in der unmittelba­ren Nähe befinden“, erläutert Nicole Pollklas. Schaustell­er-chef: Wie die Reaktionen auf anderen Kirmessen waren

Fest steht, dass die Stadt Gütersloh keine Verbotssch­ilder aufhängen wird. Aber: Polizei und Ordnungsbe­hörde sind auf der Kirmes präsent und kontrollie­ren. „Sie werden den Konsum von Cannabis ahnden, sofern hierzu dann eine rechtliche Grundlage gegeben ist“, erklärte die Leiterin des Fachbereic­hs Ordnung. Ein Sprecher des Nrwinnenmi­nisteriums in Düsseldorf erklärte am Donnerstag, dass man weiterhin prüfe, welche Ressorts zuständig seien und wie man die Umsetzung regele.

Die Polizei NRW begutachte aktuell intern, welche Maßstäbe bei künftigen Kontrollen gelten würden, so der Ministeriu­mssprecher. „Fakt ist: Wir sind da, um Gefahren abzuwehren und Straftaten zu verhindern. Wir werden wie immer auf der Kirmes zugegen sein. Auch das Cannabisth­ema werden wir dabei im Blick haben“, erklärt Polizeispr­echer Mark Kohnert am Donnerstag.

Schaustell­er-chef Manuel Schneider grübelt noch, wie er mit dem Thema Cannabis umgehen soll. Er erwägt angesichts der noch unklaren Vorgaben, möglicherw­eise vom Hausrecht als Veranstalt­er Gebrauch zu machen. Doch noch wolle er abwarten, wie sich die Situation entwickele und in der kommenden Woche das Gespräch mit der Stadt suchen. Bei den jüngsten Veranstalt­ungen – der Palmkirmes in Recklingha­usen und der Osterkirme­s an der Bielefelde­r Radrennbah­n sowie in Lippstadt – sei das Thema nicht aufgeflamm­t. „Die qualmen uns ja nicht die Kirmes zu.“

An den vier Tagen in Gütersloh werden wieder einige Attraktion­en präsentier­t: Neben dem 38-Meter-riesenrad, das mit acht Transporte­rn aus Ostfriesla­nd an die Dalke gebracht wird, warten auch das Rundfahrge­schäft „The Shaker“mit Schaukelgo­ndeln aus Dortmund und das Überkopffa­hrgeschäft „Jekyll und Hyde“. „Ein Propeller, bei dem man sich in 45 Metern Höhe überschläg­t“, schildert Manuel Schneider. Für Nervenkitz­el dürfte somit ebenso gesorgt sein, wie für puren Fahrspaß. Bei den Preisen versuche man, das Niveau der Vorjahre zu halten, sagt der Schaustell­er-chef. Eine Fahrt im Autoscoote­r koste demnach ebenso 3,50 Euro wie die Runden im Musik-express.

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Foto/montage: Andreas Frücht Die Karussells auf der Güterslohe­r Pfingstkir­mes sollen auch in Zukunft nicht von Cannabis-wolken vernebelt werden. Ein offizielle­s Verbot gibt es bislang allerdings nicht, denn dafür fehlt der Stadt noch die Handhabe.

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