Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land
Landrat: „Klinikbauten sind finanzierbar“
Ali Dogan war zu Gast auf der Stadtverbandskonferenz der SPD Bad Oeynhausen. Die Bürgerinitiative zum Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden sieht seine Aussagen weiterhin kritisch.
Kreis Minden-lübbecke.
Zwei Gäste hatte die SPD Bad Oeynhausen zu ihrer Stadtverbandstagung eingeladen: den Spitzenkandidaten der SPD in OWL bei der Europawahl, Ingo Stucke, und Landrat Ali Dogan. Dogan hatte Beckmann schon bei der Begrüßung und seinem kleinen Rückblick auf das vergangene Jahr hervorgehoben. „Wir haben wieder einen SPD-MANN als Landrat“, sagte Beckmann. „Und mit Ali Dogan haben wir einen tollen Fang gemacht.“
Dogan skizzierte, was er bei seinem Amtsantritt Anfang vergangenen Jahres als Landratvorgefundenhabe:plänefür zwei Neubauten der Mühlenkreiskliniken (MKK) für geschätzte 530 Millionen Euro, von denen 75 Millionen Euro die MKK selbst beisteuern sollten. Leider habe er schnell feststellen müssen, dass die Mühlenkreiskliniken einen solchen Beitrag nicht leisten könnten. „Es geht nun eher umgekehrt: Die MKK brauchen 75 Millionen vom Kreis, um ihre Defizite auszugleichen“, sagte Dogan.
2023 betrug das Defizit der MKK gut 26 Millionen Euro, in diesem Jahr rechne er mit 24 Millionen, so der Landrat. In dieser Lage aber seien die Mühlenkreiskliniken nicht allein. „Dreiviertel der Kliniken in Deutschland machen Verluste“, sagte Dogan. Es sei eine Schande, dass mit der Krankenversorgung überhaupt Gewinne erzielt werden müssten, betonte er.
Hoffen auf „den allergrößten Teil“der Fördermittel
Den Förderantrag für die Mkk-neubauten habe man inzwischen stark überarbeitet. Für den Anbau an die Auguste-viktoria-klinik und den Neubau in Espelkamp würden die Kosten auf 350 Millionen Euro geschätzt. Und davon könnten die Mühlenkreiskliniken bis zu 178 Millionen Euro Fördermittel von Bund und Land bekommen. Derzeit werde der Antrag von der Bezirksregierung in Münster geprüft, am 6. September soll er dann im Nrw-gesundheitsministerium eingereicht werden. „Wenn es womöglich auch nicht die volle Fördersumme sein wird, so hoffen wir doch, dass wir den allergrößten Teil davon für uns gewinnen können“, erklärte der Landrat.
Die finanziellen Belastungen, die dennoch auf den Kreis und damit auch auf die Kommunen zukommen, seien
schon eine erhebliche Herausforderung, räumte Dogan ein. „Aber sie kommen nicht auf einen Schlag“, versicherte der Landrat, da die volle Summe ja nicht schon gleich zu Baubeginn abgerufen werden müsse. Positive Effekte seien durch die Restrukturierung der MKK zu erwarten. „Und wenn die Neubauten erst eröffnet sind, wird die Kreisumlage auch wieder abschmelzen“, so Dogan. Er sei sicher: „Das alles ist finanzierbar.“
Kurz streifte der Landrat auch die Themen Kitaplätze
und OGS, öffentlicher Nahverkehr und Abfallwirtschaft. Die Hälfte seiner Arbeitszeit, die Dogan mit 80 bis 90 Stunden pro Woche umriss, widme er aber den Mühlenkreiskliniken, sagte er.
Die Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der bestehenden Krankenhäuser in Lübbecke und Rahden einsetzt, hat mit einem offenen Brief auf Dogans Ausführungen reagiert, die er als Landrat sowie Vorsitzender des Verwaltungsrats der MKK in Bad Oeynhausen gemacht hat.
Vermisst werde beispielsweise, wie die Finanzierung konkret aussehen solle, heißt es in dem Schreiben. Darüber hinaus macht Klaus Peitzmeier als Vorsitzender der Bürgerinitiative diese Rechnung auf: Geschätzt 350 Millionen Euro sollen die neuen Krankenhäuser Espelkamp und Bad Oeynhausen kosten. Dazu kommen Peitzmeier zufolge die Sanierungskosten für die Auguste-viktoria-klinik (100 Millionen Euro) und für die Uni-klinik Minden (80 Millionen Euro).
Nicht zu vergessen seien die existenten 140 Millionen Euro Schulden der MKK und die jährlich stabil auflaufenden Verluste der MKK von ca. 25 Millionen Euro. Peitzmeier geht deshalb von 200 Millionen Euro für acht Jahre bis zur geplanten Fertigstellung der neuen Krankenhäuser aus. In Summe seien das über 800 Millionen Euro.
„Darin enthalten sind noch nicht die aufgestauten Erhaltungskosten, sowie die Verlagerungsund Rückbaukosten für Lübbecke und Rahden und die Infrastrukturkosten für Espelkamp. Günstigstenfalls werden die Belastungen der MKK zum Zeitpunkt der Neueröffnung in etwa acht Jahren bei einer Milliarde Euro zu Jetztzeit-preisen liegen“, führt Peitzmeier weiter aus und ergänzt: „Dagegen darf der in Aussicht gestellte Förderbetrag in Ansatz gebracht werden. Wobei es beinahe völlig gleichgültig ist, ob die Förderung 50 oder 150 Millionen Euro beträgt. Pleite sind Kreis und Kommunen in jedem Fall.“
Neben weiteren kritischen Kommentierungen heißt es abschließend von der Bürgerinitiative: „Lieber Herr Landrat Dogan, bitte stellen Sie Ihre errechneten Zahlen gegen unsere bzw. erläutern Sie, wo wir uns verrechnet haben.“
Mit dem Bekenntnis „Von Beruf bin ich Pastor“eröffnete Ingo Stucke, Spitzenkandidaten der SPD in OWL bei der Europawahl am 9. Juni, in Bad Oeynhausen seine Rede: „Das ist eine wichtige Wahl, eine Wahl, die auch darüber entscheidet, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen“, sagte Stucke. Nicht nur, weil die Mehrheit aller Gesetze, die in Deutschland erlassen würden, auf Vorgaben von der EU beruhten.
„Bei dieser Wahl geht es auch um den Frieden in Europa“, sagte der Bielefelder. Er sei froh, dass Olaf Scholz in dieser Situation Kanzler sei „und dass unsere Partei nicht nur auf die Scharfmacher hört.“Angesichts des Angriffs von Russland auf die Ukraine sei Aufrüstung notwendig, ja. „Aber auf das Notwendige und Sinnvolle begrenzt“, betonte der 52jährige Theologe und Historiker. Der auch die Position des Fraktionschefs der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, verteidigte, der ein „Einfrieren“desukrainekriegesinsgespräch gebracht hatte. „Kriege werden heute in der Regel nicht durch Friedensverträge, sondern durch ein Einfrieren beendet“, sagte Stucke. „Wir brauchen beides: Abschreckung und die Bereitschaft zur Diplomatie.“