Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land

Der Halleysche Komet wurde als Vorbote größeren Unheils angesehen

Der erste Teil der Nw-serie befasst sich mit den Anfängen der kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen. Was es mit Belästigun­gen, Proviant-erpressung und Plünderung­en in Levern und in Oldendorf auf sich hatte.

- Dieter Besserer

Preußisch Oldendorf. Vor etwa 275 Jahren, am 24. Oktober 1648, wurde der Westfälisc­he Frieden in den Friedenssä­len der Rathäuser von Münster und Osnabrück abgeschlos­sen, der den Dreißigjäh­rigen Krieg beendete.

Die Anfänge: Im Winter 1618 erschien der große Halleysche Komet, dessen Schweif 30 Tage in Osnabrück und auch im übrigen Westfalen zu sehen war. Die abergläubi­gen Einwohner hatten große Angst und sahen den Kometen als Vorbote größeren Unheils an, das dann auch so kam. Der „Prager Fensterstu­rz“am 23. Mai 1618 war der Anfang einer ursprüngli­ch religiösen Auseinande­rsetzung zwischen dem katholisch­en Kaiser Ferdinand II. und den protestant­ischen Ständen des Königreich­s Böhmen. Während sein Vorgänger Kaiser Matthias sich abwartend verhielt, wollte der Nachfolger, Kaiser Ferdinand II., insgesamt das Deutsche Reich wieder katholisie­ren. Am 8. November 1620 schlugen die vereinten Armeen der katholisch­en Liga unter ihrem Oberbefehl­shaber Graf Johann Tserclaes von Tilly in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag das böhmische Heer mit dem verbündete­n Heer der evangelisc­hen Union. Dies war der Beginn der Katastroph­e des Dreißigjäh­rigen Kriegs. Nun rückte das Ligaheer unter Graf Tilly nach Norden vor.

Schon 1619 bis 1621 wurde berichtet, dass auch kapitalkrä­ftige einheimisc­he Adelige aus der heutigen Stadt Preußisch Oldendorf, wie Anton von Langen zu Rittergut Crollage, bewaffnete Reiter anwarben und damit zu einem militärisc­hen Machtfakto­r wurden. Auch Kurt Plato von Schloen – genannt Gehle zu Rittergut Hollwinkel – warb Reiter, die später wegen Straßenrau­bs angeklagt wurden. Diese Adeligen waren kleine Kriegsunte­rnehmer und damit Kriegsgewi­nner. Sie stellten nämlich ihre aus dem Land lebenden Kontingent­e größeren Machthaber­n gegen viel Geld für deren Kriegszüge zur Verfügung.

1621 wurde es ernster. Denn die Grafschaft Ravensberg wurde von den Truppen der evangelisc­hen holländisc­hen Generalsta­aten besetzt. Bis 1622 war das Lübbecker Land aber von Kriegserei­gnissen verschont geblieben.

1623 jedoch änderte sich das. Auf der Burg Limberg wurden nun 30 Soldaten der

Die Burg Limberg wurde am 19./29. September von den katholisch­en Truppen des Lubbert de Wendt erobert.

holländisc­hen Generalsta­aten von den ravensberg­ischen Ständen stationier­t, das auf der Mindener Seite für die Burg Reineberg anzunehmen ist. Durch den Kampf der kaiserlich­en katholisch­en Liga unter dem Oberbefehl­shaber Graf Tilly gegen die evangelisc­he Union kam es zu Truppenbew­egungen beider Parteien, denen das platte Land und auch die Städte ausgeliefe­rt waren.

Burg Limberg wird 1623 besetzt und kann nicht verteidigt werden

Am 16. August 1623 zog der später bekannte kaiserlich­e Oberstleut­nant Matthias Gallas mit 150 berittenen Soldaten in die Stadt Lübbecke ein. In der Regel war es so, dass die Stadt Lübbecke oder der Landesherr für die Unterbring­ung der Truppen in den Adelshöfen und Bürgerhäus­ern sorgen musste. In diesem Fall wurden die Kosten noch vom Hochstift Minden übernommen. Einige Tage später folgte der Generalfel­dmarschall Graf Johann Jacob von Anholt mit Gemahlin, Hofgesinde

Oberst Gottfried Hainrich von Pappenheim lag 1623 mit seinem Regiment im Flecken Oldendorf und stellte für bare Münze „Schutzbrie­fe“für Adel und Einwohner aus.

und Regimentss­tab auch nach Lübbecke. Er war ein Unterführe­r von Graf Tilly. Der hohe Herr quartierte sich etliche Wochen im adeligen Cornbergis­chen Hof in der Nähe des heutigen Gänsemarkt­es ein und zahlte sogar für seinen Aufenthalt.

Dann wurde es aber kritischer. Im Herbst 1623 wurde die Grafschaft Ravensberg durch spanisch-ligistisch­e Truppen des kaiserlich­en Oberbefehl­shabers Graf von Tilly besetzt. Dessen pfalz-neuburgisc­her Parteigäng­er und Ravensbege­r Drost Lubbert des Wendt eroberte Mitte September 1623 die Burg Limberg. Da die evangelisc­he niederländ­isch-staatische Besatzung abgezogen worden war, konnte die Burg nicht verteidigt werden. Am 24. September 1623 richtete der kaiserlich­e Oberst Gottfried Heinrich von Pappenheim mit seinem Regiment sein Hauptquart­ier in Oldendorf ein. Die Soldaten wurden bei den Einwohnern in ihren Häusern einquartie­rt.

Nun passierte Typisches: Die bewaffnete­n Reiter Pappenheim­s schwärmten aus und kamen auch zum Kloster Levern.

Der Probst von Levern bezeichnet­e die Soldateska als „überauß böeß“und als ein „unbendig volck“. Es wird zu Belästigun­gen, Proviant-erpressung oder sogar zu Plünderung­en in Levern und in Oldendorf gekommen sein. Ein Klima der Angst verbreitet­e sich und die Einwohner suchten Schutz, den der Landesherr nicht liefern konnte. So musste man nun an den Besatzer, Oberst von Pappenheim, für die Sicherheit zahlen. Dies galt auch für den Adel. Beleg dafür war beispielha­ft ein Dokument für Hieronymus von Schloen, genannt Tribbe auf dem Rittergut Groß-engershaus­en, mit der Überschrif­t „Salva Guardia“, dies war ein Schutzbrie­f. Der Text lautete: „Ich Gottfried Hainrich des heyl. Röm. Reichs Erbmarscha­ll, Herr zu Pappenheim, und seiner Röm. Kays. Majest. Reichshofr­ath und der Churfürstl. in Bayern bestellter Obrister zu Pferde thuen hiermit und in Krafft diß kund und zu wissen, dass wir uff das Adeliche gut Engershaus­en Saluam Guardiam erteilt haben..“. Für diesen Schutzbrie­f musste Tribbe freilich zahlen.

Der kaiserlich­e Oberbefehl­shaber Johann Tserklaes Graf von Tilly zog am 19. Januar 1624 in die Stadt Lübbecke ein.

Solche für Pappenheim und andere Kriegsherr­en sehr einträglic­hen „Schutzbrie­fe“wurden massenhaft von Schreibern vorgeschri­eben und nur der Name des Empfängers freigelass­en, der dann eingetrage­n wurde. Ob die „Schutzbrie­fe“immer Schutz lieferten, ist nicht überliefer­t. Wer kein Geld für einen Schutzbrie­f hatte, war der Soldateska ausgeliefe­rt.

Am 19. Januar 1624 kam der kaiserlich-ligistisch­e Oberbefehl­shaber „Exellenz Monsieur General von Tilly“, so sein Titel nach der Lübbecker Stadtchron­ik, mit etlichen hohen Offizieren und Militär in Lübbecke an. Diesen gewaltigen Potentaten werden der Lübbecker Bürgermeis­ter und der Magistrat mit tiefen Bücklingen am Stadttor empfangen haben. Tilly konferiert­e in der Stadt mit seinem noch in Lübbecke weilenden Generalfel­dmarschall Graf Anholt und zog am anderen Tag nach Petershage­n zum Mindener Bischof weiter. Auch Graf Anholt verließ am 21. Januar 1624 Lübbecke und folgte seinem Oberbefehl­shaber Graf Tilly nach Petershage­n.

Kloster Levern im Jahre 1632 in Fabers Skizzenbuc­h.

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Foto: Dieter Besserer (von 1992)
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Foto: Dieter Besserer nach Fabers Skizzenbuc­h

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