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Wie Bürgermeister Michael Kasche zum bösen Tiger Shir Khan wird
Im Musical „Das Dschungelbuch“spielt Hüllhorsts Oberhaupt auf der Freilichtbühne Kahle Wart eine „tierische“Rolle. Er verrät alles über seine Schauspiel-Ambitionen und gibt Tipps, wie man die Singstimme richtig pflegt.
Hüllhorst. Das Ensemble der Freilichtbühne Kahle Wart feiert am Samstag, 18. Mai, mit der Inszenierung des beliebten Disney-Klassikers „Das Dschungelbuch“Premiere. Mitreißende Songs mit vielen Ohrwürmern – mal rockig und fetzig, mal melancholisch – lassen all die bekannten Figuren der Originalgeschichten aufleben.
Mit dabei in der Theatersaison 2024: Niemand Geringeres als Hüllhorsts Bürgermeister Michael Kasche. Denn der spielt – als Doppelbesetzung gemeinsam mit Frederik Kirchhoff – den bösen Bengal-Tiger Shir Khan, der das zu Ende bringen will, was er vor zehn Jahren nicht schaffte: dem Menschenjungen Mogli das Leben nehmen, um alleiniger Herrscher des Dschungels zu sein.
„Seit mehr als 20 Jahren bin ich der Freilichtbühne als Licht- und Tontechniker verbunden. Frederik Kirchhoff kam auf mich zu und hat mich angesprochen.“Kirchhoff, im „echten Leben“Lehrer von Beruf, befindet sich an einem der 19 Aufführungstermine auf Klassenfahrt. „Zunächst war nur von einem Termin die Rede, an dem ich die Rolle übernehmen sollte“, erzählt Michael Kasche. „Dazu habe ich mich breit schlagen lassen“, fügt er humorvoll hinzu. Denn: Aus dem ursprünglich einmalig geplanten Auftritt wurde schnell mehr: „Jetzt spielen wir 50/50.“Das heißt: „Von den 19 Aufführungen spielt Frederik Kirchhoff zehn und ich neun Mal.“Michael Kasche bereut seine Zusage dennoch nicht, im Gegenteil: „Man übt und lernt und es macht unheimlich viel Spaß.“Die Rolle des bösen Tigers ermögliche es ihm, die „Rolle des Bürgermeisters einmal abzulegen“: „Das ist ein schönes Ventil.“Als Darsteller habe er in das Stück „viel mehr Zeit investiert“als bei der Technik: „Bei der Technik gehen die Arbeiten erst etwa vier Wochen vor der Premiere los, mit den Schauspielproben haben wir bereits im Oktober des vergangenen Jahres angefangen.“
Beim dritten Aufführungstermin, am Pfingstmontag, ist es nun soweit: „Ich gönne mir definitiv etwas Nervosität“, gesteht der Schauspiel-Neuling ein gewisses Maß an Lampenfieber ein. Im Laufe des Gesprächs hebt er immer wieder hervor: „Das Ganze macht unheimlich viel Spaß.“Anfangs habe er über den für ein Musical typischen Gesang gedacht: „Ich kann doch gar nicht singen – wie soll das funktionieren?“Doch: „Das Schöne daran ist: Es ist eine ’böse’ Stimme. Sie ist aggressiv, rauh und ich kann sie fast schreien.“
Überhaupt sei es „toll“, sich in der ungewohnten Rolle als Darsteller auf der Bühne „einmal ganz anders zu erleben“: „Ich bin gespannt auf die Reaktion der Zuschauer und darauf, wie Shir Khan aufgenommen wird.“Die gesamte Spielzeit über den „Bösen“zu mimen – der Mogli nach dem Leben trachtet – obwohl sich das Publikum vielleicht einen anderen Charakter wünscht, sei die größte Herausforderung“, so Kasche: „Die Zuschauer muss ich mir quasi ’herausdenken’“, verrät er seine Strategie, der Rolle entsprechend in beiden Akten „richtig böse“zu sein: „Wir spielen in zwei
Akten: zunächst 40, und nach der 20-minütigen Pause noch einmal 30 Minuten.“Das Ensemble setze sich aus mehreren Generationen sowie „Neuen und Wiederholern“zusammen: „Der Jüngste ist sechs und der Älteste über 60 Jahre alt“, berichtet Kasche.
Insgesamt gibt es 90 Rollen, darunter ein „Dschungelorchester“mit vielen „Geiern“: „Wir sehen 66 Akteure, das gesamte Team besteht aus weit mehr als 70 Mitgliedern.“Einige Rollen seien – wie seine eigene als Shir Khan – doppelt besetzt. Michael Kasche berichtet auch: „Der Zusammenhalt untereinander – auch mit den Kids – ist einfach klasse.“
Im Bekanntenkreis und im Hüllhorster Rathaus gibt es viel Interesse am „neuen, alten Hobby“des Bürgermeisters: „Wenn meine Stimme mal etwas heiser klingt, ziehen sie mich auf: ’Na, hattest du gestern wieder Probe?’“Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Anekdote, als seine Augen das erste Mal zur Probe tiefschwarz geschminkt wurden: „Ich dachte, ich hätte zu Hause alles gut mit Wasser und Seife herunterbekommen, doch meine Augen waren am Montag nach der Wochenend-Probe noch immer dunkel umrandet.“Ihm sei das gar nicht aufgefallen, doch seine Sekretärin habe ihm gesagt, „so könne er unmöglich einen Termin beim Kreis wahrnehmen.“„Da musste ich erstmal los und Abschminkutensilien einkaufen“, erzählt er lachend. Und: „Ich hoffe, dass die Mitarbeiter im Rathaus mir ehrlich sagen werden, wie es ihnen gefallen hat.“
Frederik Kirchhoff freut sich über die „gute Synergie“der Doppelbesetzung: „Uns verbindet seit mehr als 20 Jahren ein enges, familiär-freundschaftliches Verhältnis. Wir haben uns abgesprochen und doch bewusst darauf geachtet, uns einander nicht zu imitieren.“So werde die Rolle von den beiden Darstellern durchaus unterschiedlich umgesetzt. Über das schauspielerische Talent seines Freundes meint der bühnenerfahrene Frederik Kirchhoff: „Herr Kasche stellt sich immer deutlich bescheidener dar.“Die Rolle des bösen Shir Khan sei „sehr anspruchsvoll“, „schwierig“ und „lebe von der Präsenz des Schauspielers“: „Er macht das fürs erste Mal richtig gut.“
Michael Kasche ist mittlerweile auch Profi, wenn es um die Pflege der – durch die Gesangsproben – beanspruchten Stimme geht: „Lutschpastillen aus der Apotheke und Honig sollenhelfen „,verrät er seine Tricks „für zwei Stunden Fun“auf der Waldbühne.
Übrigens befindet sich Michael Kasche in guter Gesellschaft: So hat beispielsweise auch der Stemweder Bürgermeister Kai Abruszat schon häufiger sein musikalisches Talent unter Beweis gestellt: „Wer weiß – vielleicht gesellt sich noch der eine oder andere hinzu“, sagt Frederik Kirchhoff schmunzelnd über die Ambitionen der Bürgermeister im Mühlenkreis.
Abschminken nur mit Wasser gar nicht so einfach