Nabelschau
Bund und Länder haben jetzt eine Einigung über die Lastenverteilung in Sachen Flüchtlinge erneut vertagt. Was bleibt, ist der Eindruck, Deutschland sei hier in besonderem Maße betroffen. Nun ist Überlastung aus der Sicht vieler Kommunen tatsächlich ein Problem – gesamtgesellschaftlich aber wäre es angemessen, wenn sich eines der reichsten Länder der Welt nicht von der Nabelschau überwältigen lassen würde. Laut Eurostat haben im ersten Quartal rund 108 300 Flüchtlinge in den 28 EU-Staaten um Asyl gebeten. Davon meldeten sich mit 36 890 tatsächlich die meisten in Deutschland. Setzt man sie aber in Relation zur Größe der Bevölkerung, rangiert die Bundesrepublik schon hinter Ländern wie Schweden, Luxemburg und Malta. Und geht es darum, wie viele am Ende aufgenommen werden, rutscht Deutschland ganz ins Mittelfeld ab.
Oder schauen wir nach Irak, wo laut UNO 1,8 Millionen Binnenvertriebene dringend internationale Hilfe brauchen. Hinzu kommen 200 000 Flüchtlinge aus Syrien. Gar 1,1 Millionen Syrer sind vor dem Krieg nach Libanon geflüchtet – das kleine arabische Land hat rund vier Millionen Einwohner und ist völlig überfordert. Die Arbeit des für internationalen Flüchtlingsschutz zuständigen UNHCR aber leidet unter der schlechten Zahlungsmoral der UN-Mitglieder. Deutschland übrigens überweist deutlich weniger Geld als etwa Schweden, Norwegen oder die Niederlande.