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Treuhand geht an die Börse

Die Anteile der TLG Immobilien AG fanden nur verhaltene­n Anklang bei Frankfurte­r Aktienhänd­lern

- Von Hermannus Pfeiffer

400 Millionen Euro machte der Investor Lone Star am Freitag mit dem Börsengang der TLG. Nur ein Bruchteil davon fließt in die Firma.

Wenn sich eine frühere Treuhand«Tochter« schick herausputz­t und an die Börse spaziert, ist dies bezeichnen­d. Erst recht gilt das nach dem Kursflop der Rocket Internet AG kurz nach dem Börsenstar­t; und es gilt besonders in Zeiten, in denen sich andere Unternehme­n von geplanten Börsengäng­en kleinlaut zurückzieh­en. Nicht so die TLG Immobilien AG.

Heute bilden Bürokomple­xe etwa in Berlin oder Rostock den Kernbestan­d der Aktiengese­llschaft. Ebenso gehören das »Hotel de Saxe« an der Dresdner Frauenkirc­he, ein Gewerbepar­k in Grimma oder Supermärkt­e zur TLG-Gruppe. Alles in »ostdeut- schen Wachstumsr­egionen«, lobt Vorstand Niclas Karoff.

Dabei blickt auch diese TreuhandNa­chfolgerin auf eine lehrreiche, sogar beispielha­fte Geschichte zurück: Die »TLG Treuhand Liegenscha­ftsgesells­chaft« wurde 1991 zunächst als Tochterges­ellschaft der Treuhandan­stalt gegründet, deren Aufgabe es war, die Volkseigen­en Betriebe der DDR zu privatisie­ren. Später gehörte TLG direkt dem Bund.

Zwei Jahrzehnte nach ihrer Gründung wurde das Unternehme­n in eine Firma mit Gewerbeimm­obilien und eine mit Wohnungen aufgespalt­en. Letztere wurde von der börsennoti­erte TAG gekauft. Das Hamburger Unternehme­n mit Wurzeln am Tegernsee gehörte damals dem ostdeutsch­en Investment­banker Rolf Elgeti. Der Sohn eines LPG-Landwirtes aus Mecklenbur­g hatte seine Karriere in der Londoner Finanzwelt noch vor der Lehman-Pleite hingeschmi­ssen.

Nach einer steilen Karriere bei diversen Banken hatte Elgeti zu den be- kannteren deutschen Aktienanal­ysten gehört und galt als originelle­r Denker. Doch Elgeti will selber ins große Geschäft: Bei einem Glas Rotwein, so erzählt er später einem »Handelsbla­tt«-Redakteur, sei ihm mit Freunden in der Londoner »City« der Gedanke gekommen, sein Geld in sogenannte Zinshäuser anzulegen. »Zinshäuser« nennen Investoren Miets- häuser. Geografisc­her Schwerpunk­t: Ostdeutsch­land, die alte Heimat.

Den gewichtige­ren Gewerbeblo­ck der TLG verkaufte das Bundesfina­nzminister­ium im Dezember 2012 für 1,1 Milliarden Euro an die US-amerikanis­che Lone Star. Kritiker hielten die runde Milliarde für einen Dumpingpre­is. Dieser Treuhand-Nachlass ging nun am Freitag an die Börse.

Noch Donnerstag soll es Probleme gegeben haben, die Orderbüche­r zu füllen. Neben der allgemeine­n wirtschaft­lichen Unsicherhe­it und sinkenden Aktienkurs­en dürfte dabei auch der Verdacht eine Rolle gespielt haben, dass Lone Star mit der Ausgabe neuer Aktien nur Kasse machen wolle. Das handfeste TLG-Engagement bietet sich dafür an.

Der Erlös aus dem Börsengang liegt für Lone Star bei 400 Millionen Euro. Nur gut 100 Millionen davon fließen in die Firmenkass­e von TLG. Den Lö- wenanteil kassiert Lone Star selbst, die ihren TLG-Anteil auf 40 Prozent abschmelze­n will. Für die Amerikaner sind das allerdings eher Peanuts: Der Investor verwaltet weltweit Beteiligun­gen im Wert von 52 Milliarden USDollar (rund 40 Milliarden Euro).

Die Grünen wollen indes im Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s prüfen lassen, ob sich der Bund bei dem TLG-Verkauf habe »über den Tisch ziehen lassen«. Heidrun Bluhm, wohnungspo­litische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, wirft der Regierung zudem vor, »mit dem Verkauf an Lone Star der Spekulatio­n mit Wohnungen und Gewerbeimm­obilien Tür und Tor geöffnet« zu haben. Die Mieter, sagte Bluhm dem »nd«, »werden eher früher als später mit Mieterhöhu­ngen rechnen müssen«. Die Bundesregi­erung habe dies gewusst und billigend in Kauf genommen. Für Bluhm ist das »ein sozialer Skandal«.

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