nd.DerTag

Putin flexibler

- Klaus Joachim Herrmann über das Petersburg­er Wirtschaft­sforum

Im heimatlich­en Petersburg macht Russlands Präsident flexibel Politik. Allein die zwei neuen Gasleitung­en im Norden und eine im Süden waren auf dem internatio­nalen Wirtschaft­sforum ein strategisc­her Erfolg bei der Durchsetzu­ng russischer Interessen. Wenn Putins Rechnung aufgeht, erschließt Russland neue Märkte und Regionen, nutzt es äußere Zwänge als Fitmacher der Wirtschaft. Die soll sogar »freier und offener« werden.

Einfallslo­s schaut der Westen zu. Mit sturen Sanktionen hat die Politik bislang auch nur das erreicht, was schon die Generäle der NATO in ihrer beschränkt­en militärisc­hen Logik leisten. Das sind Verstimmun­g, Verschärfu­ng und Eskalation. Kalter Krieg ist längst wieder mehr als nur ein Wort oder vage Erinnerung. Kein noch so dringendes und gefährlich­es Problem wird nur annähernd gelöst. Es kommen immer weitere hinzu. Kaum zufällig rechnen gerade Ökonomen aus dem in Neutralitä­t erfahrenen Österreich vor, dass vor allem Sanktionen und Gegensankt­ionen Europa bis zu 100 Milliarden Euro und zwei Millionen Arbeitsplä­tze kosten.

Putin ist alles andere als der tumbe Tor im Kreml, als den ihn der Westen so gerne darstellt und noch lieber hätte. Es sollte bis zur Erkenntnis der Wirklichke­it nicht noch mehr Krisen und Schäden dauern, bis wieder der Mut zur Politik, am besten einer neuen Ostpolitik, erwacht.

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