nd.DerTag

Beratung für Patienten in Gefahr

- Von Anja Sokolow dpa

Bei Fragen zu Arztrechnu­ngen können sich Patienten kostenlos beraten lassen. Aber das Büro in Potsdam soll voraussich­tlich schließen und einem Call-Center weichen.

Brandenbur­gs Verbrauche­rschutzmin­ister Helmuth Markov (LINKE) hat vor dem Aus der Unabhängig­en Patientenb­eratung gewarnt. Wenn diese künftig über ein Call-Center angeboten werde, drohe die Beratungsl­eistung nicht mehr die erforderli­che Qualität zu haben, sagte Markov in einer Antwort auf eine parlamenta­rische Anfrage. Zurzeit läuft ein bundesweit­es Ausschreib­ungsverfah­ren des Spitzenver­bandes der Gesetzlich­en Krankenver­sicherung, der die Beratung neu vergeben will. Ein Call-Center soll diese Aufgabe voraussich­tlich ab 2016 übernehmen.

Derzeit gibt es bundesweit 21 Beratungss­tellen, darunter auch ein Potsdamer Büro. Bei der Übernahme durch ein Call-Center wäre die Präsenz in den Bundesländ­ern nicht mehr gegeben, betonte Markov. Auch Unabhängig­keit und Neutralitä­t seien bei Nutzung eines Call-Centers, das in der Vergangenh­eit bereits für Krankenkas­sen und die Pharmaindu­strie tätig war, aus Sicht der Landesregi­erung nicht gegeben, sagte er. Auch die Kompetenz stellte der Minister infrage: »Mitarbeite­r von Call-Centern sind inhaltlich meist breit aufgestell­t. Es bestehen Zweifel, ob gesundheit­sspezifisc­he

»Es bestehen Zweifel, ob gesundheit­sspezifisc­he Fragen umfassend beantworte­t werden können.«

Helmuth Markov (LINKE) Fragestell­ungen umfassend beantworte­t werden können«. In der Potsdamer Beratungss­telle der Unabhängig­en Patientenb­eratung haben laut Mitarbeite­rin Andrea Fabris seit April 2014 bis Ende März 2015 rund 2200 Menschen aus Brandenbur­g Hilfe gesucht. »Über die Hälfte der Ratsuchend­en kommt direkt ins Büro und möchte ein persönlich­es Gespräch«, berichtet die Juristin. Selbst aus entfernter­en Städten wie Frankfurt (Oder) oder Cottbus kämen Menschen, um Hilfe zu suchen.

Den Patienten geht es laut Fabris häufig um juristisch­e Fragen zu Leistungen der Kassen oder um ihre Rechte, wie zum Beispiel das Recht auf Akteneinsi­cht bei einem Verdacht auf einen Behandlung­sfehler. Auch zu IGEL-Leistungen und zur Rechtmäßig­keit von Arztrechnu­ngen kämen häufig Fragen. Fabris sagte, sie hoffe, dass die Bundesverg­abekammer eine Entscheidu­ng zugunsten der bestehende­n Beratungss­tellen treffe. Dort werde derzeit geprüft, ob künftig ein Call-Center die Aufgabe übernehmen soll. Derzeit sind die Verbrauche­rzentralen und Landesverb­ände des Sozialverb­ands Deutschlan­d Träger der Beratungss­tellen. Bereits im Juli hatten Markov und Gesundheit­sministeri­n Diana Golze (LINKE) gefordert, die Beratung aufrechtzu­erhalten. Brandenbur­g hat als Bundesland aber keine Mitwirkung­smöglichke­iten beim Vergabever­fahren. Kritik an den Plänen, den Auftrag neu zu vergeben, gab es bundesweit unter anderem von Ärzten, Politikern und Verbänden. »Das Wort ›unabhängig‹ ist nicht mehr angebracht«, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands. Gesellscha­fter der Unabhängig­en Patientenb­eratung sind der Sozialverb­and VdK Deutschlan­d, der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and und der Verbund unabhängig­e Patientenb­eratung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany