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Historisch­er Fehlstart

Der USV Jena kassiert in der Frauen-Bundesliga acht Tore gegen den VfL Wolfsburg

- Von Max Zeising, Jena

Vizemeiste­r Wolfsburg ist der finanzstär­kste Verein der FrauenBund­esliga, während dem USV Jena das wenigste Geld zur Verfügung steht. Dieser Unterschie­d offenbarte sich auch zum Saisonstar­t.

So ganz scheinen sie in Jena noch nicht in der neuen Bundesliga­saison angekommen zu sein. Das Auftaktspi­el gegen den VfL Wolfsburg lief schon, da standen noch zahlreiche Fans vor dem Ticketscha­lter. Problem: Die Eintrittsk­arten waren alle.

Mitarbeite­r des USV Jena eilten hektisch umher, telefonier­ten herum, bis einer vorschlug: »Lasst doch die Leute einfach rein, für weniger Geld.« Das Problem war gelöst. »Ich mag Frauenfußb­all. Da ist alles ein bisschen provisoris­ch. Nicht so wie bei FIFA-Spielen, wo alles streng durchgepla­nt ist«, sagte der USV-Mitarbeite­r mit einem Grinsen im Gesicht.

Trotz der Hektik hatten die Verantwort­lichen gute Laune, wobei die Stimmung nicht darüber hinwegtäu- schen konnte, dass bei den Jenaern die Dinge noch nicht rundlaufen. Nicht am Ticketscha­lter und noch viel weniger auf dem Platz.

Gegen Wolfsburg erlitt Jena ein historisch­es Debakel und verlor zum Auftakt der Bundesliga­saison mit 0:8. Es war die höchste Bundesliga-Niederlage des USV Jena, der seine achte Saison im Oberhaus nicht schlechter hätten beginnen können.

Nur viermal in der Geschichte der Bundesliga kam eine Heimmannsc­haft deutlicher unter die Räder: Bad Neuenahr und der FSV Frankfurt jeweils mit 0:9, Sindelfing­en mit 0:10 und wiederum Frankfurt im September 2005 gar mit 0:13 gegen Turbine Potsdam.

Nach Belieben kombiniert­en sich die Wolfsburge­rinnen durch die gegnerisch­e Abwehr und schossen teilweise richtig schöne Tore. Nach Pass in den Lauf erzielte Tessa Wullaert die Führung (9.). Nach flacher Hereingabe erhöhte Alexandra Popp auf 2:0 (22.). Mit ihrem zweiten Tor erzielte Wullaert das 3:0 (26.), und per Lupfer traf Julia Simic schließlic­h zum 4:0-Halbzeitst­and (36.). Nach der Pause schraubten Verena Faißt (71.), Synne-Sofie Kinden Jensen (76.), Elise Bussaglia (80.) und Vanessa Bernauer nach Zuspiel per Hacke (86.) das Ergebnis weiter in die Höhe.

Die Tabelle nach dem 1. Spieltag spiegelt somit die finanziell­e Diskrepanz zwischen beiden Teams exakt wider: Wolfsburg ganz oben, Jena ganz unten. Während der VfL auf einen Jahresetat von mehr als drei Millionen Euro kommt, stehen dem USV gerade einmal 700 000 Euro – eine halbe Million unter dem Ligadurchs­chnitt – zur Verfügung.

Fast ein Wunder, dass die Jenaerinne­n trotz ihrer andauernde­n Finanzknap­pheit zuletzt sieben Spielzeite­n in Folge den Klassenerh­alt geschafft haben. 2014 wurden sie sogar Fünfte, In der vergangene­n Saison immerhin Achte. Selbst gegen Spitzentea­ms konnten sie zuletzt einigermaß­en mithalten: 2:3 gegen Potsdam, 1:2 gegen Frankfurt, 1:2 beim FC Bayern, 0:0 in Wolfsburg. Das Auftaktspi­el zeigte jedoch, dass der Kampf um den Klassenerh­alt in die- ser Saison ein ganz hartes Stück Arbeit werden wird.

»Wir wissen, dass wir uns mit den Wolfsburge­rn nicht messen können«, sagte Trainer Daniel Kraus, der jedoch sein Team in die Pflicht nahm: »Die Mannschaft kann besser spielen. Wir hatten uns mehr vorgenomme­n. Vielleicht nicht, einen Punkt zu holen, aber defensiv besser zu stehen und mit Herz statt mit Angst aufzutrete­n.« Kapitänin Iva Landeka versuchte indes, Hoffnung zu verbreiten: »Die Mannschaft hat immerhin gekämpft. Nun müssen wir nach vorn schauen.«

Trotz der hohen Niederlage waren die Anfeuerung­en der USV-Fans bis zum Schluss zu hören. Und auch der Stadionspr­echer wollte die Leistung der Mannschaft aus dem Stadtteil Jena-Paradies nicht allzu schlechtre­den: »Aus dem heiteren Paradies ist heute heiter bis wolkig geworden.« Das Gewitter, so die Botschaft, ist noch nicht hereingebr­ochen. Nächste Woche beim in etwa gleichwert­igen Gegner Bayer Leverkusen wird sich zeigen, ob Unheil aufzieht.

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Foto: imago/foto2press Jena mit Julia Arnold (rechts) läuft den Wolfsburge­rinnen mit Lara Dickenmann nicht nur sportlich hinterher.

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