nd.DerTag

Offensive ohne Bodentrupp­en

- Klaus Joachim Herrmann über Russlands Vorgehen im Anti-Terror-Kampf

Sehr aufmerksam blickten Politiker und Experten am Freitag nach Moskau. Es tagten wie einst 2014 in der Krimkrise gemeinsam beide Kammern des Parlaments. Gerade für strategisc­he Entscheidu­ngen werden sie gern als würdiger Rahmen gewählt. Doch Präsident Putin, der in den letzten Wochen immer wieder die politische und militärisc­he Entwicklun­g im Kampf gegen den Terrorismu­s vorangetri­eben hat, trat nicht auf. Dass der Oberkomman­dierende Bodentrupp­en in Syrien einsetzen könnte, blieb Spekulatio­n.

Das Ausbleiben dieses spektakulä­ren russischen Schrittes wird die Entwicklun­g beeinfluss­en. Wenn der Kreml nicht einmarschi­ert, vermeidet er für sich selbst unabsehbar­e Unwägbarke­iten. Das bringt auch den Westen nicht in die Verlegenhe­it des militärisc­hen Zugzwanges – höchstens des politische­n und diplomatis­chen. Denn Putin verstärkt seine Offensive für eine große Anti-Terror-Koalition und trifft dazu in den kommenden zehn Tagen die Spitzenpol­itiker Irans, Jordaniens, Frankreich­s, Saudi-Arabiens und Israels.

Bis zum Äußersten geht Russland bislang nicht. Von vielen Gründen ist ein besonderer die blutige Erfahrung des Scheiterns in Afghanista­n. Eine bittere Lehre daraus blieb, dass jeder, der mit Bodentrupp­en in einen Konflikt hineingeht, ganz genau wissen sollte, wie er auch wieder hinauskomm­t.

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