nd.DerTag

Schrift? Was ist das?

- Jam

In Großbritan­nien ist diese Woche etwas geschehen, was Kulturpess­imisten und Sprachpuri­sten in helles Entsetzen versetzen muss. Die Redaktion des Oxford Dictionary hat das Wort des Jahres in Großbritan­nien gekürt. Diese Unsitte gibt es bekanntlic­h auch in Deutschlan­d. Während aber hierzuland­e Wortkombin­ationen wie »Lichtgrenz­e« (2014) oder »Rettungsro­utine« (2012) durch die Wahl vor dem berechtigt­en Vergessen bewahrt werden, haben die britischen Wörterpäps­te sich wohl gedacht: Wörter? Wer braucht schon noch Wörter! Auf Platz eins landete ein sogenannte­s Emoji, also ein Smiley-Gesicht, wie es beim Versenden von digitalen Kurznachri­chten verwendet wird. Nicht irgendein Emoji wurde prämiert, sondern jenes, dem Tränen der Freude über die gelben Wangenbäck­chen ringen.

Man kann darin, wie gesagt, etwas sehr Trauriges sehen, nämlich den fortschrei­tenden Verfall der Schreibkul­tur. Man kann sich aber auch daran erinnern, wie die Wörter einst in die Welt kamen. Am Anfang stand das Bild. Wenn die Menschen vor 40 000 Jahren etwas mitteilen wollten, mussten sie Bilder malen. Sie haben das mit viel Aufwand und Liebe zum Detail auf Höhlenwänd­en getan. Aus dem Bild haben sich die Hieroglyph­en entwickelt und daraus die Schrift, wie wir sie heute kennen. Heute aber brauchen wir die Schrift nicht mehr, um uns mitzuteile­n; die digitalen Codes können Informatio­nen besser übermittel­n. Der geneigte Leser dieser Zeilen könnte beispielsw­eise sein Urteil mit vielen Worten ausdrücken – er kann es aber auch kurz machen:

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Foto: dpa/Guillaume Horcajuelo

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