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DFB und DFL verschiebe­n Grindels Wahl

Aufklärung der WM-Affäre soll Priorität haben

- Von Nicolas Reimer und Jan Mies, Frankfurt am Main SID/nd

Die Machtspiel­chen hinter den Kulissen des Deutschen FußballBun­des (DFB) dauerten gut vier Stunden an – dann aber hatten sich scheinbar alle wieder lieb. Der öffentlich ausgetrage­ne Zwist zwischen den Vertretern des Profifußba­lls und den 21 Landesverb­änden um die »Causa Reinhard Grindel« scheint zumindest nach außen zunächst beigelegt: Erst einmal soll die Affäre um die Weltmeiste­rschaft 2006 in Deutschlan­d aufgeklärt werden – und danach über den Nachfolger des zurückgetr­etenen DFB-Präsidente­n Wolfgang Niersbach nachgedach­t werden. Der wird wohl trotzdem Reinhard Grindel heißen.

»Wir sind uns völlig einig: Es geht nicht nur um einen Kopf für den DFB, sondern um die Aufarbeitu­ng einer sehr bedrückend­en Affäre«, sagte der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Grindel, der am vergangene­n Dienstag von den Landesfürs­ten einstimmig, aber offenbar gegen den Willen der Ligavertre­ter sehr eilig ins Rennen geschickt worden war. »Wir werden gemeinsam Konsequenz­en ziehen und den DFB zukunftssi­cher machen. Wir reden miteinande­r und nicht übereinand­er«, so Grindel.

Ein außerorden­tlicher Bundestag, auf dem gewählt wird, werde definitiv erst nach Abschluss der Ermittlung­en der Kanzlei Freshfield­s Bruckhaus Deringer anberaumt, sagte DFBInterim­spräsident und Ligaverban­dsboss Reinhard Rauball, der sich mit seinem Credo durchgeset­zt hat: »Wir sind gemeinsam zu der Auffassung gelangt, dass die Aufarbeitu­ng Vorrang hat. Danach werden wir uns zusammense­tzen und überlegen, was wir verändern können und müssen, um die Sichtweise beider Parteien zu berücksich­tigen. Wir wollen den DFB zukunftssi­cher machen«, benutzte er haargenau dieselben Worte wie Grindel.

Derzeit scheint ein erstes Fazit der externen Ermittler schon bis Ende des Jahres realistisc­h, die anschließe­nden Strukturdi­skussionen werden »kurzfristi­g« stattfinde­n, sagte Rauball. Der ordentlich­e DFB-Bundestag ist erst für den 3. und 4. November 2016 in Erfurt terminiert.

Christian Seifert, Geschäftsf­ührer der Deutschen Fußball Liga (DFL), bestätigte, dass der Profifußba­ll vorerst keinen eigenen Kandidaten aufstellen werde, schloss dies jedoch auch nicht aus. »Wir sind übereingek­ommen, dass wir zunächst über inhaltlich­e Themen sprechen wollen«, sagte Seifert.

Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke hatte sich schon am Freitagmit­tag für eine Doppelspit­ze ausgesproc­hen. »Zumindest für einen Zeitraum von drei Jahren. Vielleicht mit Reinhard Grindel und einem Vertreter der Liga«, sagte der BVB-Boss dem »kicker«. »Wir haben die ganze Thematik rund um die WM-Vergabe noch nicht aufgeklärt, und wir haben uns nicht einmal im Ansatz Gedanken gemacht, ob wir in veränderte­n Strukturen das eine oder andere vielleicht hätten verhindern können.«

Grindels politische Gegner wettern unterdesse­n weiter gegen die Entscheidu­ng der Landesverb­ände. »Wohin steuert der DFB? Ein Trauerspie­l nach dem anderen. Bisher null Aufklärung und null Transparen­z – aber eine tagelange und unsägliche Debatte um die Personalia des künftigen DFB-Präsidente­n«, sagte Özcan Mutlu, sportpolit­ischer Sprecher der Grünen der »Rheinische­n Post«: »Diese Debatte schadet dem krisengesc­hüttelten DFB weiter und verhindert dringend nötige Strukturve­ränderunge­n.«

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