Ein Fußballmärchen aus Belarus
Der von Fans gegründete Fußballklub FK Krumkatschi steigt in die erste Liga auf
Vor vier Jahren gründeten Fußballfans ihren eigenen Klub in Minsk. Obwohl fast ausnahmslos Amateure mitspielen, gelang der sensationelle Durchmarsch in die erste Liga von Belarus.
Geld schießt Tore. Wer kennt sie nicht, diese uralte Fußballweisheit, die in der heutigen, durchkommerzialisierten Fußballwelt so aktuell zu sein scheint, wie nie zuvor. Bayern München, der reichste Verein Deutschlands, sichert sich ständig schon verfrüht die Meisterschaft. In der Champions League machen seit Jahren nur noch dieselben reichsten Klubs des Kontinents den Titel untereinander aus und in der 2. Bundesliga versucht mit RB Leipzig, der Retortenklub eines österreichischen Brauseherstellers, endlich den Sprung in die 1. Liga zu schaffen, um sich zukünftig in der Königsklasse des europäischen Fußballs zu etablieren. Ein Ziel, welches mit den Millionenzuschüssen des Sponsors aus Salzburg ermöglicht wird.
Eine Genugtuung, ja Balsam für die Seelen der vielen Fußballnostalgiker, ist hierzulande momentan Darmstadt 98. Mit einem baufälligen Stadion, Spielern, die in der Szene schon als abgeschrieben galten und einem Gesamtbudget, das dem Jahresgehalt einzelner Topstars in anderen Klubs entspricht, schaffte der südhessische Klub den Durchmarsch aus der 3. Liga ins Oberhaus des deutschen Fußballs. Nicht wenige sprachen von ei- nem »Fußballmärchen«, als Darmstadt im Mai mit einem 1:0 gegen St.Pauli den Aufstieg in die Bundesliga klarmachte.
Doch so schön das Fußballmärchen rund um das Böllenfalltor in Darmstadt auch ist. Als am vergangenen Sonntag gegen 15.45 Uhr der Schlusspfiff im kleinen »Alimpijski«Stadion von Minsk ertönte, erreichte eine Geschichte ihren Höhepunkt, die das Herz eines jeden Fußballromantikers in Europa noch höher schlagen lassen dürfte. Der FK Krumkatschi Minsk schlug Dnjepr Mahiljou mit 2:0 und sicherte sich den Aufstieg in die »Wyschejschaja Liga«, wie die höchste Spielklasse in Belarus heißt. Ein Amateurklub, der von Fans gegründet wurde.
Die Geschichte des FK Krumkatschi begann im Forum des Sportportals »Pressball«. Einige Fans, die dort seit längerer Zeit miteinander über Fußball diskutierten, kamen auf die Idee, einen eigenen Klub auf die Beine zu stellen und hoben 2011 Krumkatschi aus der Taufe. Als Namensgeber diente ein Stadtteil der Hauptstadt Minsk, der ins Deutsche übersetzt auch Krähen bedeutet. Große Ziele wurden zunächst nicht verfolgt: »Zuerst traten wir bei Amateurturnieren in Minsk an. Auch Wettbewerbe auf Kleinfeldern haben wir absolviert«, erklärt Denis Schunto in der heimischen Presse.
Doch nach drei Jahren entschlossen sich Denis, sein Bruder Anton und zwei weitere verbliebene Gründungsmitglieder zu einem entscheidenden Schritt. Beim Fußballver- band von Belarus ließen sie Krumkatschi als offiziellen Fußballklub eintragen. Da der Fußball im Land recht übersichtlich ist, bedeute dieser Schritt auch, sofort einen Startplatz in der 3. Liga zu bekommen.
So richtig ernsthaft nahm man den Spielbetrieb trotzdem noch nicht bei Krumkatschi. »Zu Beginn haben wir das eher als Scherz aufgefasst«, erinnert sich Denis Schunto. »Für uns war jeder Spieltag eher ein Fest, eine kleine Party. Wir gingen in die Kneipe, tranken Bier und hatten unseren Spaß«, erklärte Abwehrspieler Vasil Hlezau gegenüber Radio Svoboda. Doch dies reichte offenbar, um in der Liga nicht nur mitzuhalten, sondern auch oben mitzuspielen.
Je erfolgreicher die Mannschaft wurde, desto ernsthafter gingen die Spieler an die Sache heran. Die Partys wurden seltener, dafür wurde häufiger trainiert. Dass da jedoch immer noch Amateure kickten, zeigten die Trainingszeiten. Erst nach Feier- abend trafen sich die Spieler, die tagsüber als Kraftfahrer und Verkäufer arbeiteten, zu gemeinsamen Übungseinheiten. Für den überraschenden Aufstieg in die 2. Liga reichte es trotzdem.
Mit diesem Erfolg wurden auch die ersten Sponsoren auf den FK Krumkatschi aufmerksam. Finanziell kann der Verein bisher nicht mit den Konkurrenten mithalten. Fast alle Profiklubs in Belarus werden von Betrieben finanziert – so wie in Sowjetzeiten. Doch es reichte, um die Mannschaft um einige erfahrene Spieler wie Sergej Kowaltschuk oder Filill Iwanow zu ergänzen, die in der Vergangenheit in den Nachwuchsnationalmannschaften von Belarus spielten. Dazu übernahm mit Oleg Lulub ein erfahrener Trainer die sportliche Verantwortung. Da das Gros des Teams aber immer noch Amateure stellten, hat sich an den abendlichen Trainingstunden bis heute nichts geändert.
Dem Erfolg hat es trotzdem nicht geschadet. Der FK Krumkatschi, der als Abstiegskandidat gehandelt wurde, schaffte völlig überraschend den Durchmarsch in die 1. Liga. Ein Erfolg, der zu einem regelrechten Hype führte. Während die Medien fast täglich über den »David« berichten, der »nicht nur einen Goliath« schlug, wird die Fangemeinde des Klubs immer größer. Ob dies auch zu Veränderungen beim FK Krumkatschi führen wird, ist eher fraglich. Da das Geld auch weiterhin knapp ist, werden auch in der Erstligasaison Amateure den Großteil des Teams stellen.