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Söder zaubert Kleine-Leute-Politik aus dem Hut

Nach dem Abflauen der Flüchtling­srhetorik schiebt sich Bayerns Finanzmini­ster finanzpoli­tisch in den Vordergrun­d

- Von Sebastian Knurrhahn

Die CSU baut vor. Mit einem Steuerentl­astungspro­gramm wirbt sie um Zustimmung bei kommenden Wahlen. Ganz ohne Hilfe der CDU wird es allerdings nicht gehen. Wenn sich nächste Woche das bayerische Kabinett zu seiner Klausur nach St. Qirin am oberbayeri­schen Tegernsee begibt, haben Sozialmini­sterin Emilia Müller und Finanzmini­ster Markus Söder zwei Reformkonz­epte dabei. Da sind zum einen die »Eckpunkte« für eine Rentenrefo­rm, die zum Beispiel eine Besserstel­lung von Eltern vorsieht. Und da ist der jüngste Vorschlag von Söder, kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommens­steuer zu entlasten und langfristi­g den Solidaritä­tszuschlag abzuschaff­en. Ein Konzept, das ebenso wie das der Rente vom Wohlwollen der Bundesregi­erung abhängt und vor allem auf eines zielt: die Wahlkämpfe in den nächsten zwei Jahren. In de- ren Schatten sperrt sich die CSU konsequent gegen eine Wiedereinf­ührung der Vermögenst­euer und propagiert eine »faire« Erbschafts­steuer.

Nach dem Spektakel um Autobahn-Maut für Ausländer und monatelang­em Münchner Trommelfeu­er in Richtung Berlin in Sachen Flüchtling­spolitik arbeitet die CSU jetzt wieder an ihrem Image als Repräsenta­nt des »kleinen Mannes« und legt sich finanzpoli­tisch ins Zeug. Jedenfalls auf dem Papier. Markus Söder will mit seinem am Donnerstag vorgestell­ten Konzept »Bayern-Tarif« die Steuerzahl­er mit mehr als zehn Milliarden Euro jährlich entlasten und dies als Ausgleich für jene Arbeitnehm­er, die durch Ungerechti­gkeiten im bestehende­n System über Gebühr belastet würden. Der bayerische Finanzmini­ster glaubt: »Die geplanten Maßnahmen sind ein wuchtiger Schritt hin zu mehr Steuergere­chtigkeit.« Dieser »Bayern-Tarif« soll ab 2019 greifen, die Steuerprog­ression soll abgeflacht werden, wo- von vor allem Geringverd­iener und Bezieher mittlerer Einkommen profitiere­n würden, wie Söder hervorhebt. Außerdem sollen die Steuertari­fe regelmäßig an die Preisentwi­cklung angepasst werden.

Söder präsentier­te folgende Beispiele: Ein lediger, kinderlose­r Ar- Markus Söder beitnehmer mit einem Jahreseink­ommen von 23 000 Euro brutto würde um 180 Euro entlastet, bei einem Jahresbrut­to von 60 000 Euro wären es 380 Euro. Verheirate­te Arbeitnehm­er mit einem Kind und einem Einkommen von 33 000 Euro brutto hätten nach dem Konzept der CSU 158 Euro mehr in der Tasche. Bei einem Jahresbrut­to von 40 000 Euro wären es 300 Euro.

Dabei handele sich nicht um Steuergesc­henke, so Söder, sondern um einen Ausgleich für eine unfaire und ungerechte Situation »bei den Leuten, die durch harte Arbeit ihr Geld verdienen«. Die geplanten Steuersenk­ungen seien eine »Konjunktur­maßnahme«, meint Söder, der dabei an ein gemeinsame­s Konzept mit der CDU glaubt. Dabei lag die CSU aber schon mit ihrem Rentenkonz­ept daneben. Danach sollten die Kinderzusc­hläge bei der Rente erhöht werden, außerdem will die Partei das Rentennive­au bis 2030 festschrei­ben. Das lehnt die CDU aber strikt ab.

Söder schlägt weitere Entlastung­en vor: Unter anderem sollten die Steuertari­fe regelmäßig an die Preisentwi­cklung angepasst werden. Zudem wiederholt­e Söder die Forderung nach einem schrittwei­sen Abbau des Solidaritä­tszuschlag­s ab 2020. Außerdem will die CSU eine neue Eigenheimf­örderung für Familien mit Kindern in Form eines Zuschusses von 1200 Euro pro Kind und Jahr, und zwar für zehn Jahre – also bis zu insgesamt 12 000 Euro. Damit würden Familien mit Kindern in der nächsten Legislatur­periode bis 2021 mit insgesamt 2,2 Milliarden Euro gefördert, sagt Söder.

Bei der Opposition riefen die Steuervors­chläge der CSU wenig Jubel hervor. Die SPD warf Söder vielmehr »Themaverfe­hlung« vor, denn Geringverd­iener über Steuersenk­ungen zu entlasten, mache wenig Sinn. Am unteren Ende der Einkommens­tabelle würden ohnehin oft kaum Steuern fällig, so SPD-Haushaltse­xperte Harald Güller. Die CSU solle lieber Einkommens- und Vermögensm­illionäre stärker zur Finanzieru­ng des Staates heranziehe­n. Die Grünen kritisiert­en, bei den Steuerplän­en handele es sich lediglich um Wahlverspr­echen, bisher habe sich die CSU mit ihren Forderunge­n im Bund nicht durchsetze­n können.

»Das ist kein Wolkenkuck­ucksheim, kein FDP-Konzept, keine Klientelpo­litik.«

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