Das Prekariat ...
... hat seine eigene Gewerkschaft
Es ist mehr Symbol als Abbild der Realität: Dass IG Metall und Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) am gleichen Ort auftauchen, passiert höchstens auf der DGB-Demo am 1. Mai. In der Regel vertreten die Kleinen die Kleinen, die Großen die Großen. Die Großen werfen der anarchosyndikalistischen Kleinstgewerkschaft vor, keine richtige Gewerkschaft zu sein und wehren sich vehement dagegen, mit einer anarchistischen Gruppierung auf die Straße zu gehen. Die geht damit offensiv um: Ihr Schriftzug ist in den Anarcho-Farben Schwarz-Rot gehalten, ihr Logo ist die schwarze Katze, das Symbol der Sabotage, die die FAU für ein legitimes Mittel im Klassenkampf hält.
Die FAU als deutsche Sektion der Internationalen ArbeiterInnen-Assoziation (IAA) kritisiert bei den etablierten Gewerkschaften fehlendes Engagement für Leih- und migrantische Arbeiter. So auch beim Einkaufszentrum Mall of Berlin: Weil um ihren Lohn geprellte Bauarbeiter aus Rumänen sich vom DGB nicht gut vertreten fühlten, wandten sie sich an die FAU. »Ist das hier legal?« fragte sich der Arbeiter Elvis Iancu, als er das Gewerkschaftslokal in einem Souterrain im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zum ersten Mal aufsuchte. Beinahe wäre er wieder umgedreht. »Aber wir hatten ja nichts mehr zu verlieren«, erinnerte er sich später. Es lohnte sich ein bisschen: Knapp eineinhalb Jahre später sind die meisten Prozesse gewonnen – Geld gesehen haben die Arbeiter allerdings (noch) nicht: Die beklagten Firmen sind pleite.