Alles Schlampen ...
... sogar Mutti!
Sexy Klamotten, kräftiges Make-up und ein selbstbestimmtes Sexualleben – wo ist das Problem? In den Köpfen von Männern wie dem Polizeibeamten Michael Sanguinetti aus Toronto, der 2011 Frauen empfahl, sich nicht wie »sluts« (Schlampen) zu kleiden, um nicht Opfer sexueller Gewalt zu werden. Als Reaktion darauf fanden »slutwalks« in aller Welt statt – Protestmärsche, die sich unter konsequenter Missachtung des Ratschlags gegen diese Täter-OpferVerdrehung wandten. Alle waren plötzlich Schlampen, von Toronto bis Tegucigalpa, von London bis Leipzig.
Sich einen beleidigenden oder diskriminierenden Begriff anzueignen und positiv zu wenden, kennt man etwa aus der Schwulen- oder Krüppelbewegung. Bei den »slutwalks« hatten möglicherweise aber genau die am meisten Spaß, die sonst eher selten als »Schlampen« bezeichnet oder respektlos behandelt werden. Das rief Kritik unter denen hervor, die schon wegen ihres Jobs, ihrer Hautfarbe oder ihrer Schichtzugehörigkeit gern als »Freiwild« betrachtet werden.
Inzwischen ist in das Schlampenmarschwesen wieder Ruhe eingekehrt. Geblieben ist das hartnäckige Phänomen, dass es Frauen meist eher unangenehm ist, wenn Männer im öffentlichen Raum mit nacktem Oberkörper oder allzu strammen Hosen herumlaufen, viele Männer jedoch meinen, mit jedem freien Zentimeter Haut wachse die Bereitschaft von Frauen zum wahllosen Sex und ihre Verfügungsgewalt über sie. Deswegen nochmal alle gemeinsam: Nur »ja« heißt ja!