nd.DerTag

Agenten als Sprachjong­leure

»Codenames« mit unwiderste­hlicher Sogwirkung

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Deutschlan­d gilt als das Spieleland schlechthi­n. Wie sieht es in Tschechien aus? Auch in Tschechien wird recht viel gespielt: in Clubs, in Cafés, auf Spielevera­nstaltunge­n. Spielen auch die ganz normalen Familien? Was ist schon eine »normale Familie«? Auch ich habe eine Familie. Und wir spielen sehr viel. Wie sind Sie Brettspiel­er geworden? Ich habe schon als Kind viel gespielt und habe damit einfach nie aufgehört. Ich war also eigentlich schon immer ein Spieler. Ihren berufliche­n Einstieg hatten Sie aber mit Videospiel­en. Wieso wechselten Sie zum Brettspiel? Ich liebe Spiele. Und da ist es völlig egal, ob Video oder Brett oder Aktionsspi­ele im Wald. Ich hatte mir schon ziemlich früh Spiele für Sommercamp­s ausgedacht. Nach meinem Informatik­studium lag es nahe, mit Computersp­ielen zu beginnen. Die wurden mein Job, und die Brettspiel­e waren mein Hobby. Dann verschoben sich die Interessen, und heute ist das genau anders rum. Was haben Brettspiel­e, das Videospiel­e nicht haben? In der Videospiel­branche steckt viel mehr Geld, da geht es noch um eini- ges mehr als nur um das Spiel. Brettspiel­e sind originärer und reduzierte­r. In den Brettspiel­foren wird übrigens fundierter diskutiert, z. B. über Spielmecha­nismen. Und dann ist da eben die wohltuende Atmosphäre bei einem Brettspiel, die persönlich­e Begegnung am Tisch. Welche Ansprüche stellen Sie als Macher an Ihre Spiele? Erstens müssen sie mir selber gefallen. Zweitens müssen sie natürlich den Mitspieler­n Spaß machen. Und wie packen Sie das praktisch? Ich beginne zuerst allein. Im zweiten Schritt teste ich mit Freunden und Familie. Ich male mir also zuerst nie eine Zielgruppe oder ein Marktsegme­nt aus. »Codenames« ist seit weniger als einem Jahr auf dem Markt hat sich weltweit bereits 400 000 Mal verkauft. Wie erklären Sie sich das? Das Spiel funktionie­rt für geübte Spieler genauso gut wie für ungeübte Spieler. Ich habe Menschen erlebt, die nie spielen, doch als sie »Codenames« sahen, waren sie sofort dabei. Es geht um sprachlich­e Kreativitä­t. Dafür muss man kein Spieler sein. »Codenames« überwindet die Grenzen des herkömmlic­hen Brettspiel­s. Werden Sie in Zukunft mehr einfache Spiele entwickeln? Ich mache keine Pläne. Mir schwirren viele Ideen im Kopf herum, und ich weiß nie, welche sich am Ende durchsetze­n. Hätte man mich eine Woche vor »Codenames« gefragt, hätte ich noch nicht gewusst, dass ich ein Spiel dieser Art erfinden werde. Wie haben Sie »Codenames« entwickelt? Das war gar nicht viel Arbeit. Ich hatte die Idee, dass man anhand eines Wortes andere Wörter finden soll. Ich brauchte dann nur noch ein paar einfache Mechanisme­n, um ein Spiel daraus zu machen. Und ich musste geeignete Wörter festlegen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Agententhe­ma? Ich finde, dass das Thema zweier konkurrier­ender Geheimdien­ste funktionie­rt. Es ist auf jeden Fall besser als zu sagen: Hier spielt Blau gegen Rot. Was bedeutet die Auszeichnu­ng »Spiel des Jahres« für Sie? Ich freue mich. »Codenames« passt nicht in gängige Kategorien. Deshalb ist es einfach toll, dass dieses Spiel trotzdem den Preis gewann. Und natürlich macht es mich glücklich, dass ich es bin, der es erfunden hat.

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Foto: Heidelberg­er 25 bestens getarnte Spione: Who is who?
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Foto: Udo Bartsch Das Rätselspie­l »Codenames« gewann gerade den Kritikerpr­eis »Spiel des Jahres 2016«. Jury-Vorsitzend­er Tom Felber sagte, dass es einen Sog ausübe, dem sich kaum jemand entziehen kann. Entwickelt wurde es von Vlaada Chvátil (44). Der für witzige und...

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