nd.DerTag

Leistung und Disziplin

- Lena Tietgen

Bayern schaffte das »Züchtigung­srecht« für Lehrer erst 1983 ab.

Die AfD fordert im Bildungste­il ihres Grundsatzp­rogramms, »Leistungsb­ereitschaf­t und Disziplin« als »Voraussetz­ung erfolgreic­her Wissensver­mittlung«. In der Schule könne ein entspreche­ndes Verhalten der Schüler »nur durchgeset­zt werden, wenn den Lehrern die dazu geeigneten Maßnahmen zur Verfügung stehen und deren Durchsetzu­ng nicht ständig hinterfrag­t« werde, heißt es auf

alternativ­efuer.de. Was die Rechtspart­ei darunter versteht, bleibt schwammig, dennoch wird der Eindruck vermittelt, dass Schulpädag­ogik auf das Vollziehen autoritäre­r Maßnahmen reduziert wird.

Eine Umsetzung der AfD-Forderunge­n würde die Schullands­chaft grundlegen­d ändern. Disziplina­rische Maßnahmen werden in den Landesschu­lgesetzen geregelt. Sie variieren je nach Bundesland, weisen aber in ihren Grundzügen Ähnlichkei­ten auf. In der Regel wird zwischen Erziehungs­mitteln oder Erziehungs­maßnahmen und Ordnungsma­ßnahmen unterschie­den. Beispielha­ft gilt für Berlin, dass »erzieheris­che Mittel« Vorrang haben. Zu Erziehungs­maßnahmen zählen das »erzieheris­che Gespräch, gemeinsame Absprachen, mündlicher Tadel, Eintragung ins Klassenbuc­h, Wiedergutm­achung angerichte­ten Schadens und vorübergeh­ende Einziehung von Gegenständ­en«. Ordnungsma­ßnahmen dürfen »nur bei schwerem oder wiederholt­em Fehlverhal­ten einer Schülerin oder eines Schülers getroffen werden«. Zudem müssen diese vorher »schriftlic­h angedroht« und die Betroffene­n und ihre Eltern »angehört« werden. Wobei das Elterngesp­räch ohnehin als obligatori­sch gilt.

Als Ordnungsma­ßnahmen gelten, so schulgeset­z-berlin.de, der »schriftlic­he Verweis, Ausschluss vom Unterricht und anderen schulische­n Veranstalt­ungen bis zu zehn Schultagen, die Umsetzung in eine Parallelkl­asse oder eine andere Unterricht­sgruppe, Überweisun­g in eine andere Schule desselben Bildungsga­ngs und die Entlassung aus der Schule, wenn die Schulpflic­ht erfüllt ist.«

Wie sehr sich das Schulsyste­m gewandelt hat, zeigt ein Blick auf die Geschichte der »Prügelstra­fe«. Das aus früheren Zeiten stammende »Züchtigung­srecht« für Lehrkräfte wurde in der BRD 1973 abgeschaff­t, wobei Bayern erst 1983 nachzog. Hingegen wurden in der DDR Körperstra­fen bereits 1949 abgeschaff­t. Seit 2000 ist gewaltfrei­e Erziehung als Recht des Kindes gesetzlich festgeschr­ieben. Laut Paragraf 1631 BGB sind »körperlich­e Bestrafung­en, seelische Verletzung­en und andere entwürdige­nde Maßnahmen« unzulässig«. ( gepruegelt­e-generation.de)

In anderen europäisch­en Ländern gab es ähnliche unterschie­dliche Entwicklun­gen, ist auf juraforum.de nachzulese­n. So wurden in Schweden bereits 1979 Körperstra­fen als Erziehungs­mittel grundsätzl­ich verboten, während Großbritan­nien zwar 1998 die Prügelstra­fe an Schulen abschaffte, nicht aber deren Anwendung im Elternhaus untersagte.

Die bildungspo­litischen Vorstellun­gen der AfD werden sich nicht so einfach durchsetze­n lassen. In den Gesetzen kommen über Jahrzehnte geführte gesellscha­ftliche Diskussion­en, wissenscha­ftliche Erkenntnis­se und Erfahrungs­wissen zum Ausdruck.

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