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Verkäuferi­nnen erhalten nur 80 Prozent

Auch beim Online-Marktplatz Ebay kommt es laut einer Studie zweier Geschlecht­er-Forscherin­nen zur Diskrimini­erung von Frauen

- Von Simon Poelchau

Die Arbeit von Frauen wird in der Gesellscha­ft meist nicht so hoch geschätzt wie die von Männern. Das Internet ist da keine Ausnahme. Spricht man hierzuland­e von Diskrimini­erung von Frauen, dann kommt man an einer Zahl nicht vorbei: 22 Prozent. Dies ist der sogenannte Gender Pay Gap. So viel verdienen laut dem Statistisc­hen Bundesamt Männer im Schnitt pro Stunde brutto mehr als Frauen. Doch ist der Gender Pay Gap kein allein deutsches Phänomen. In den Vereinigte­n Staaten beträgt er derzeit rund 24 Prozent.

Nun haben zwei israelisch­e Forscherin­nen herausgefu­nden, dass Frauen sogar weniger Geld erhalten, wenn sie als Privatpers­onen Produkte auf dem Online-Marktplatz Ebay verkaufen. Mit 20 Prozent weniger für neue Waren ist die Differenz nur etwas geringer als der Gender Pay Gap am Arbeitspla­tz. Und das, obwohl das Geschlecht bei Ebay eigentlich keine Rolle spielen soll.

Für ihre Studie konnten Tamar Kricheli-Katz von der Universitä­t Tel Aviv und Tali Regev vom interdiszi­plinären Zentrum in Herzlia über eine Million Daten auswerten und mehrere Jahre lang die Verkäufe der 420 beliebtest­en Produkte auf Ebay in den USA beobachten. Sie fanden dabei heraus, dass Frauen zwar billigere Waren zum Verkauf anbieten, bei diesen aber den Mindestpre­is höher ansetzen als ihre männliche Konkurrenz. Außerdem werden weibliche Verkäufer von ihren Kunden in der Regel besser bewertet als männliche.

Die Händler müssen ihr Geschlecht bei ihrer Registrier­ung beim Online-Marktplatz angeben. Obwohl dieses für die Kunden später nicht sichtbar gemacht wird, erkennen sie offenbar recht zuverlässi­g etwa am Namen oder an den offerierte­n Gegenständ­en, ob es sich bei den Anbietern auf Ebay um eine Frau oder einen Mann handelt.

Für die beiden Forscherin­nen ist dies nicht überrasche­nd. »Zusammen mit der Rasse und dem Alter ist das Geschlecht ein Haupt unterschei­dungsmerkm­al in den USA «, schreiben sie in ihrer Studie. Das bedeute, dass die Menschen automatisc­h und intuitiv erkennen würden, was für ein Geschlecht ihr Gegenüber habe. Dass dies auch im anonymen Internet möglich sei, beweist ein Test, den die beiden Forscherin­nen Probanden durchführe­n ließen.

Frauen sind auf dem digitalen Marktplatz in der Minderheit. Sie machen weniger als ein Viertel der Personen aus, die Waren bei Ebay zur Auktion anbieten. Dabei sind Auktionen nach Sicht der Autorinnen ide- al, um den Geschlecht­ereffekt zu untersuche­n. Ist das Angebot einmal ins Netz gestellt, haben das Verhandlun­gsgeschick oder andere Kriterien keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis. »Dadurch konnten wir beobach- ten, dass das, was den Gender Price Gap ausmacht, die Vorurteile gegenüber Geschlecht­ern und die Auswirkung­en sind, die diese auf die Bereitscha­ft der Konsumente­n haben, etwas für ihr gewünschte­s Produkt zu bezahlen«, schreiben Kricheli-Katz und Regev.

So sind die Käufer bei gebrauchte­n Sachen bereit, einer Frau immerhin noch 97 Prozent dessen zu bezahlen, was sie einem Mann geben würden. Mit drei Prozent ist der Gender Price Gap, das Gefälle beim bezahlten Preis, also weitaus kleiner als bei Neuwaren. Die beiden Forscherin­nen glauben, dass dieser Unterschie­d dadurch zustande kommt, weil die Käufer davon ausgehen, dass der Zustand der Gebrauchtw­aren bei Frauen besser ist.

Doch Gebrauchtw­aren sind nie hundertpro­zentig identisch, weshalb Neuwaren als Vergleichs­maßstab immer noch besser sind. Alle anderen möglichen Faktoren herausgere­chnet ist der Preis, den Frauen erzielen können, immer noch nur 80 Prozent so hoch wie das, was Männer erhalten. Auf die Spitze getrieben wird dies bei Einkaufsgu­tscheinen, die die Forscherin­nen von Probanden verkaufen ließen. Das absolut identische Produkt des Verkäufers Brad war da immerhin noch fünf Prozent mehr wert als das seiner Konkurrent­in Alison.

Den Autorinnen zufolge passen die Ergebnisse ihrer Studie wunderbar ins Goldberg-Paradigma. Dies ist benannt nach dem Forscher Philip Goldberg. Dessen 1968 durchgefüh­rtes Experiment führte zu dem Ergebnis, dass Texte von ihren Lesern mehr wert geschätzt werden, wenn der Autor ein Mann ist.

Für gebrauchte Waren kriegen Frauen immerhin noch 97 Prozent. Offenbar, weil die Käufer glauben, dass die Ware besser in Schuss ist.

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