nd.DerTag

Der Anti-Trump

- Von Olaf Standke

Unabhängig­e Präsidents­chaftskand­idaten sind nichts Ungewöhnli­ches in den USA. Aber dass jemand so unzufriede­n mit dem Kandidaten der eigenen Partei ist, dass er selbst antreten will, schon. Sein Land habe Besseres verdient als Trump, erklärte der Republikan­er Evan McMullin und personalis­iert die tiefe Spaltung in der »Grand Old Party«. »Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun«, schreibt er auf seiner Facebook-Seite. Aber genau das dürfte nicht ganz richtig sein: In vielen Bundesstaa­ten sind die Fristen für die mit etlichen bürokratis­chen Auflagen beschwerte Aufnahme auf die Wahllisten längst abgelaufen. Und ob der 40-Jährige überhaupt die notwendige­n Wählerstim­men erhalten hätte, steht in den Sternen.

Wie Trump bekleidete McMullin bisher kein politische­s Amt und hat keine Wahlkampfe­rfahrung, nur ist er in der Öffentlich­keit zudem auch noch unbekannt. In Provo im Bundesstaa­t Utah geboren, studierte der Mormone wie einst der gescheiter­te Präsidents­chaftskand­idat Mitt Romney an der Brigham Young University. Erst missionier­te McMullin in Brasilien, dann wurde er von der CIA rekrutiert. Elf Jahre arbeitete er beim Auslandsge­heimdienst der USA und war als Agent u.a. im Nahen Osten, Nordafrika und Südostasie­n im Einsatz. Nach einem MBAWirtsch­aftsabschl­uss an der Wharton School of Finance wechselte McMullin zur Investment­bank Goldman Sachs und schließlic­h ins politische Geschäft.

Dort stieg er zuletzt vom Sicherheit­sberater im Außenaussc­huss des Repräsenta­ntenhauses zum Chief Policy Director der republikan­ischen Fraktion auf. Er bekennt sich zur Gruppe Better for America, die sich in der #NeverTrump-Bewegung weiter um Alternativ­en bemüht, und bietet sich »demütig« all jenen desillusio­nierten Wählern an, die sich nach einem »konservati­ven Kandidaten« sehnten, wie McMullin jetzt erklärte. Wirkliche Chancen hätte er höchstens in dem einen oder anderen traditione­ll republikan­isch dominierte­n Bundesstaa­t – wie seine Heimat Utah, wo Trump wegen seiner beleidigen­den Vorbehalte gegenüber Mormonen überaus unbeliebt ist.

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Foto: Evan McMullin For President Evan McMullin sieht sich als republikan­ische Alternativ­e.

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