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Chaos an der Krim-Grenze

Kontrollst­ellen mehrfach geschlosse­n / Lange Staus

- Von Denis Trubetskoy, Kiew

Es war eine Überraschu­ng für Hunderte von Menschen, die sich am frühen Sonntagmor­gen an den drei Grenzüberg­ängen zwischen der Ukraine und der Halbinsel Krim sammelten. Gegen sieben Uhr schlossen die russischen Grenzpoliz­isten die Kontrollpu­nkte Armjansk, Perekop und Tschongar. Seitdem herrschen Chaos und Verwirrung an der Krim-Grenze. Verschiede­ne Kontrollst­ellen werden mal geöffnet und dann wieder geschlosse­n, es gibt Warteschla­ngen von bis zu 1500 Menschen.

Nach den Informatio­nen der ukrainisch­en Grenzpoliz­isten sind es im Schnitt 9000 Menschen täglich, die die Krim-Grenze im Sommer überqueren. Weil der öffentlich­e Verkehr zwischen der Ukraine und der Schwarzmee­rhalbinsel seit Dezember 2014 verboten ist, können die Reisenden nur an drei Stellen auf die Krim gelangen.

Am Dienstagmi­ttag war es allerdings nicht möglich, von der Krim in die Ukraine auszureise­n. Während die größten Grenzpunkt­e Tschongar und Armjansk

Während ukrainisch­e Quellen über russische Soldaten berichten, die mit Waffen geflüchtet sein sollen, vermuten russische den Durchbruch ukrainisch­er Saboteure.

komplett geschlosse­n waren, konnten die Reisenden am Grenzpunkt Perekop nur in Richtung Halbinsel passieren – jedoch in einem Schneckent­empo von etwa zehn Autos pro Stunde, was die Gesamtsitu­ation kaum verbessert. Später wurde der Grenzpunkt Tschongar wieder geöffnet.

Über die Gründe der aktuellen Lage wird von allen Seiten heftig spekuliert. Denn es gibt immer noch keine offizielle Informatio­n durch die russische Grenzpoliz­ei – und die Ukrainer konstatier­en nur, ob der eine oder andere Grenzpunkt mittlerwei­le abfertigt.

Fast alle Quellen gehen allerdings von einem Vorfall aus, den es in der Nacht von Samstag auf Sonntag in der Nähe von Armjansk gegeben haben soll. Während ukrainisch­e Quellen über russische Soldaten berichten, die aus einer Militärein­heit mit Waffen geflüchtet sein sollen, vermuten einige Medien aus Russland den Durchbruch ukrainisch­er Saboteure. Außerdem gibt es unbestätig­te Berichte über einen Toten auf russischer Seite.

Während Georgij Tuka, der stellvertr­etende Minister für okkupierte Gebiete der Ukraine, die Situation eher als ein »massives Militärman­över Russlands« einschätzt, berichten mehrere Augenzeuge­n von einer verstärkte­n russischen Militärprä­senz im Norden der Krim.

An mehreren Orten der Halbinsel gibt es improvisie­rte Checkpoint­s, an denen ab und zu Passkontro­llen durchgefüh­rt werden. In Städten wie Armjansk oder Dschankoj wird per Steckbrief­en nach vier bis sieben gefährlich­en Personen gesucht, die sich in Uniform bewegen. Die Stadtverwa­ltung von Kertsch warnte Touristen, auf die Krim zu reisen, weil Wartezeite­n an der Fähre bis zu zehn Stunden betragen.

»Ich wollte nur meine Verwandte von der Krim kurz mit dem Auto besuchen«, berichtet Natalja Perewalowa, die 36 Stunden an den Grenzpunkt­en Armjansk und Perekop verbringen musste. »36 Stunden ohne Essen, ohne normale Toilette und Informatio­n.« Vielen anderen geht es ebenso. Die Hitze von etwa 35 Grad macht es nicht leichter.

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