Jeden Sommer wieder: arbeitslos
GEW: Befristungsunwesen für Lehrer in Hessen stoppen
Während die meisten Schüler und Lehrer in den großen Ferien für das neue Schuljahr Kraft tanken können, haben bundesweit viele Tausend Lehrkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen in diesen Sommerwochen ganz andere Sorgen. So weist die Bildungsgewerkschaft GEW im schwarz-grün regierten Hessen auf ein Problem hin, das auch in anderen Bundesländern zum Alltag gehört. Wie schon in den Vorjahren müssen sich viele der als Vertretungskräfte eingesetzten Pädagogen in diesen Wochen arbeitslos melden, weil ihr befristeter Arbeitsvertrag mit dem Ende des Schuljahres ausgelaufen ist. Die meisten sind jüngere Lehrkräfte bis zu 35 Jahren.
Für sie ist die Sommerpause keine unbeschwerte Urlaubszeit, sondern sie bedeutet ein Wechselbad der Gefühle. Zwar können viele nach Ferienende wieder mit einer befristeten Weiterbeschäftigung rechnen oder haben den entsprechenden Anschlussvertrag bereits in der Tasche. Doch für die Ferienzeit gehen sie finanziell leer aus. Denn wer keine früheren Beschäftigungszeiten nachweisen kann und im zurückliegenden Schuljahr nur maximal elf Monate lang beim Kultusministerium in Lohn und Brot stand, hat dabei nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld I, das erst bei mindestens zwölf Beschäftigungsmonaten greift. So bleibt nur der Antrag auf Hartz IV oder der Rückgriff auf Erspartes.
Diese Zustände seien »unerträglich« und eine »Zumutung«, kritisiert Hessens GEW-Landesvorsitzende Birgit Koch. Hessen habe hier im bundesweiten Vergleich der Länder den dritten Platz eingenommen. Eine aktuelle amtliche Zahl für den Sommer 2016 liegt noch nicht vor. Vor Jahresfrist lag der entsprechende Wert für Hessen bei rund 1000 saisonal arbeitslosen Lehrern. Die GEW verlangt eine ununterbrochene Weiterzahlung der Gehälter für die Vertretungslehrer. Dies sei dringend geboten, um das Land für Fachpersonal attraktiv zu halten.
Vertretungslehrer werden vielfach dann eingesetzt, wenn verbeamtete Lehrer aufgrund von längerer Krankheit oder Elternzeit für einen längeren Zeitraum ausfallen. Die Beamten hätten aber auf jeden Fall ein Rückkehrrecht und somit Vorrang vor den Vertretungskräften, argumentiert das hessische Kultusministerium. Die Landesregierungen verweisen stets auf den Zwang der »Schuldenbremse«, die GEW spricht von einem »Missbrauch der Sozialkassen« durch die Länder.
Ähnliche Zustände herrschen auch in Hamburg. Hier sind nach Angaben des Senats der Hansestadt mit Beginn der Sommerferien 1362 befristete Verträge mit Lehrern ausgelaufen, gut 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies sei »unsozial und verantwortungslos«, so die Bürgerschaftsabgeordnete Sabine Boeddinghaus (LINKE).
Auch in Baden-Württemberg, das als »Spitzenreiter« bei der saisonalen Lehrerarbeitslosigkeit gilt, sind in diesen Ferienwochen knapp 3900 befristet angestellte Lehrer sowie rund 4800 Referendare betroffen. Nach GEW-Angaben sind dies deutlich mehr als in den Vorjahren.
Auch die Lehrergewerkschaft in Baden-Württemberg fordert eine Änderung dieser Praxis und verweist auf eine anhaltende Abwanderung von Fachkräften in andere Bundesländer und in die benachbarte Schweiz. Es sei zudem besonders absurd, ausgerechnet Lehrer, die sich in Flüchtlingsklassen engagiert um Integration bemühten, über den Sommer zu entlassen, so die GEW.