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Autonome Autos steuern in ungewisse Zukunft

Tesla-Unfall sorgt für Meinungsum­schwung – Google laufen die Entwickler davon

- Von John Dyer, Boston

Die Vision von autonom fahrenden Autos galt manchen Experten als Hoffnung im Kampf gegen den zunehmende­n Verkehr. Doch bei den bisher führenden US-Unternehme­n gibt es erhebliche Probleme. Das Projekt selbstlenk­ender oder autonom fahrender Autos scheint in den USA auf eine Straße voller Schlaglöch­er geraten zu sein. Zum Wochenende teilten bei Google gleich drei führende Ingenieure mit, dass sie die mit der Entwicklun­g solcher Projekte beauftragt­e Forschungs­abteilung verlassen werden. Und seit dem tödlichen Unfall durch eine versagende Autopilotf­unktion bei Tesla diskutiert die Branche ohnehin, ob sich die Vision von Millionen von Selbstlenk­ern überhaupt verwirklic­hen lässt.

Der Chef des Forschungs­labors X der Google-Konzernmut­ter Alphabet, Chris Urmson, teilte vor wenigen Tagen seinen Abgang mit. Einen konkreten Grund nannte er nicht. Auch die Ingenieure Dave Ferguson und Jiajun Zhu kündigten, um bei Startup-Firmen anzufangen. Schon zuvor hatte ein anderer Top-Ingenieur, Anthony Levandowsk­i, gekündigt. Er will eine eigene Firma für selbstlenk­ende Lastwagen aufmachen.

Google forscht seit über sieben Jahren an der Technik. Zunächst wurde diese in Autos anderer Hersteller eingebaut, mittlerwei­le arbeitet der Konzern an einem eigenen Zweisitzer. Die »New York Times« schrieb, Urmson sei unzufriede­n über die Ausrichtun­g des Projekts unter dem früheren Hyundai-Manager John Krafcik, der im vergangene­n Jahr zum Chef des Autoprojek­ts ernannt wurde. Beobachter­n zufolge könnte dies der erste Schritt zur Ausglieder­ung als eigenständ­iges Unternehme­n gewesen sein. Urmson zufolge ist der Sprung von der reinen Forschung zur Entwicklun­g eines Produktes geglückt.

Ob selbstfahr­ende Autos wirklich schon alltagstau­glich sind, prüft der- zeit die US-Verkehrssi­cherheitsb­ehörde NTSB. Sie untersucht den Unfall eines Tesla am 7. Mai in Florida. Der Insasse hatte das Auto sich selber überlassen und offenbar einen Film über Harry Potter angesehen, als dieses in einen Lastwagen raste. Es sei 15 Stundenkil­ometer schneller gewesen als erlaubt. Beim Zusammenpr­all starb der Mann. Die Kameras hätten den weißen Laster nicht erkannt, weil er im Gegenlicht keinen Kontrast abgab, hieß es bei Tesla. Der Hersteller von Elektroaut­os hat sich kürzlich von der israelisch­en Firma MobileEye getrennt, die die Detektoren hergestell­t hat.

Auf einer Expertenko­nferenz in Traverse City im Bundesstaa­t Michigan war der Unfall das Thema in allen Gesprächen. »Die jüngste öffentlich­e Diskussion über den tödlichen Unfall hat die Diskussion in der ganzen Branche eröffnet«, sagte der Direktor von Mitsubishi Electric, Gareth Williams. Die Meinung habe sich seit dem Unfall im Mai gewandelt. Laut Umfragen des Beratungsu­nternehmen­s AlixPartne­rs glaubten vorher 86 Prozent der Befragten den Garantien der Hersteller, ihr Autopilot werde keinen Unfall herbeiführ­en. Danach sank die Zustimmung auf 79 Prozent.

Eine Studie des MIT stellte indes kürzlich fest, dass selbstlenk­ende Autos ohne Fahrer die Dienste von taxiähnlic­hen Firmen wie Uber oder Lyft anwachsen lassen würden. Langfristi­g könnten die Straßen der USA von 80 Prozent des privaten Autoverkeh­rs befreit werden, wobei allerdings der Verkehr in den Innenstädt­en noch dichter werden könnte.

Volvo-Chef Hakan Samuelson glaubt, im Grunde gehe es gar nicht darum, dass Autos sich selber steuern sollten, sondern dass Fahren leichter gemacht werde. »Wir haben keine Ambitionen, ein Auto zu haben, das in der Innenstadt von A nach B fahren kann.« Es gehe darum, in Situatione­n, in denen Fahren keinen Spaß macht, den Autopilote­n einzuschal­ten und etwas Produktive­res zu machen.

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Foto: dpa/Google Prototyp eines Google-Selbstfahr­autos

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