Autonome Autos steuern in ungewisse Zukunft
Tesla-Unfall sorgt für Meinungsumschwung – Google laufen die Entwickler davon
Die Vision von autonom fahrenden Autos galt manchen Experten als Hoffnung im Kampf gegen den zunehmenden Verkehr. Doch bei den bisher führenden US-Unternehmen gibt es erhebliche Probleme. Das Projekt selbstlenkender oder autonom fahrender Autos scheint in den USA auf eine Straße voller Schlaglöcher geraten zu sein. Zum Wochenende teilten bei Google gleich drei führende Ingenieure mit, dass sie die mit der Entwicklung solcher Projekte beauftragte Forschungsabteilung verlassen werden. Und seit dem tödlichen Unfall durch eine versagende Autopilotfunktion bei Tesla diskutiert die Branche ohnehin, ob sich die Vision von Millionen von Selbstlenkern überhaupt verwirklichen lässt.
Der Chef des Forschungslabors X der Google-Konzernmutter Alphabet, Chris Urmson, teilte vor wenigen Tagen seinen Abgang mit. Einen konkreten Grund nannte er nicht. Auch die Ingenieure Dave Ferguson und Jiajun Zhu kündigten, um bei Startup-Firmen anzufangen. Schon zuvor hatte ein anderer Top-Ingenieur, Anthony Levandowski, gekündigt. Er will eine eigene Firma für selbstlenkende Lastwagen aufmachen.
Google forscht seit über sieben Jahren an der Technik. Zunächst wurde diese in Autos anderer Hersteller eingebaut, mittlerweile arbeitet der Konzern an einem eigenen Zweisitzer. Die »New York Times« schrieb, Urmson sei unzufrieden über die Ausrichtung des Projekts unter dem früheren Hyundai-Manager John Krafcik, der im vergangenen Jahr zum Chef des Autoprojekts ernannt wurde. Beobachtern zufolge könnte dies der erste Schritt zur Ausgliederung als eigenständiges Unternehmen gewesen sein. Urmson zufolge ist der Sprung von der reinen Forschung zur Entwicklung eines Produktes geglückt.
Ob selbstfahrende Autos wirklich schon alltagstauglich sind, prüft der- zeit die US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB. Sie untersucht den Unfall eines Tesla am 7. Mai in Florida. Der Insasse hatte das Auto sich selber überlassen und offenbar einen Film über Harry Potter angesehen, als dieses in einen Lastwagen raste. Es sei 15 Stundenkilometer schneller gewesen als erlaubt. Beim Zusammenprall starb der Mann. Die Kameras hätten den weißen Laster nicht erkannt, weil er im Gegenlicht keinen Kontrast abgab, hieß es bei Tesla. Der Hersteller von Elektroautos hat sich kürzlich von der israelischen Firma MobileEye getrennt, die die Detektoren hergestellt hat.
Auf einer Expertenkonferenz in Traverse City im Bundesstaat Michigan war der Unfall das Thema in allen Gesprächen. »Die jüngste öffentliche Diskussion über den tödlichen Unfall hat die Diskussion in der ganzen Branche eröffnet«, sagte der Direktor von Mitsubishi Electric, Gareth Williams. Die Meinung habe sich seit dem Unfall im Mai gewandelt. Laut Umfragen des Beratungsunternehmens AlixPartners glaubten vorher 86 Prozent der Befragten den Garantien der Hersteller, ihr Autopilot werde keinen Unfall herbeiführen. Danach sank die Zustimmung auf 79 Prozent.
Eine Studie des MIT stellte indes kürzlich fest, dass selbstlenkende Autos ohne Fahrer die Dienste von taxiähnlichen Firmen wie Uber oder Lyft anwachsen lassen würden. Langfristig könnten die Straßen der USA von 80 Prozent des privaten Autoverkehrs befreit werden, wobei allerdings der Verkehr in den Innenstädten noch dichter werden könnte.
Volvo-Chef Hakan Samuelson glaubt, im Grunde gehe es gar nicht darum, dass Autos sich selber steuern sollten, sondern dass Fahren leichter gemacht werde. »Wir haben keine Ambitionen, ein Auto zu haben, das in der Innenstadt von A nach B fahren kann.« Es gehe darum, in Situationen, in denen Fahren keinen Spaß macht, den Autopiloten einzuschalten und etwas Produktiveres zu machen.