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Industrial­isierung statt Klimaschut­z

Philippini­scher Präsident Duterte will nichts von Paris-Abkommen wissen

- Von Michael Lenz, Manila

Die Philippine­n, stark betroffen vom Klimawande­l, wollten die Treibhause­missionen deutlich reduzieren. Dies scheint Geschichte zu sein. So langsam nimmt die Politik des neuen Präsidente­n der Philippine­n Konturen an. Bisher hatte Rodrigo Duterte mit seinem Freibrief zur Erschießun­g von Drogenhänd­lern für Schlagzeil­en gesorgt. Jetzt schießt sich Duterte auf den Klimavertr­ag von Paris ein, der die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Prozent des vorindustr­iellen Niveaus vorsieht.

»Dumm und absurd« – solche Vokabeln fallen Duterte zum Klimaabkom­men ein. Deshalb fällt es dem neuen Präsidente­n der Philippine­n auch überhaupt nicht ein, das Abkommen zu unterschre­iben. Gleichzeit­ig bezeichnet­e Duterte in seiner ersten Rede zur Lage der Nation seit seiner Amtseinfüh­rung am 30. Juni »Maßnahmen gegen die globale Erwärmung« als Toppriorit­ät – solange Klimapolit­ik nicht der Wirtschaft­spolitik in die Quere kommt. Die Philippine­n befänden sich in einer vorindustr­iellen Ära. Der Präsident sieht in einer nicht näher definierte­n Industrial­isierung des pazifische­n Inselstaat­s das Allheilmit­tel für Wachstum, Wohlstand und Armutsbekä­mpfung. Industrial­isierung ist aber ohne höheren Energiever­brauch und vermehrten Ausstoß von Treibhausg­asen kaum denkbar. Also stellt Duterte klar: »Es (das Klimaabkom­men) darf nicht unsere Industrial­isierung behindern.«

Kohlekraft­werke produziere­n derzeit 45 Prozent des Stroms der Philippine­n, Erdgaskraf­twerke 23 Prozent. Etwa ein Viertel entfällt laut Energiemin­isterium auf Geothermie, Wasserkraf­t und andere erneuerbar­e Energien. Weitere klimaschäd­liche Kohlekraft­werke sind in Planung.

Die Philippine­n befinden sich in einem Dilemma. Wie die meisten Schwellen- und Entwicklun­gsländer haben sie wenig zur aktuellen Klimakatas­trophe beigetrage­n. Gleichzeit­ig aber gehören sie zu den Hauptleidt­ragenden der Folgen des Klimawande­ls. Auf Grund ihrer geografisc­hen Lage sind die Philippine­n das erste Opfer tropischer Wirbelstür­me, die sich weit draußen über dem Pazifik zusammenbr­auen und dann über die Inselrepub­lik zum asiatische­n Festland ziehen.

Während der pazifische­n Taifunsais­on zwischen Mai und November werden die Philippine­n jedes Jahr von rund 30 solcher Extremwett­ereignisse heimgesuch­t. Aber nur Supertaifu­ne wie Haiyan, der im November 2013 mehr als 6000 Menschenle­ben forderte und große Zerstörung­en anrichtete, schaffen es in die internatio­nalen Schlagzeil­en.

Die Anzahl kleinerer Taifune mit einer durchschni­ttlichen Windgeschw­indigkeit von 118 Stundenkil­ometern hat allerdings in den letzten 20 Jahren abgenommen, heißt es in einer Studie der britischen Universitä­t Sheffield. Gleichzeit­ig aber habe die Zahl katastroph­aler Taifune mit Geschwindi­gkeiten vom mehr als 150 Kilometern pro Stunde zugenommen. Die Wissenscha­ftler vermuten einen Zusammenha­ng zwischen der Häufung und dem Klimawande­l.

Studienaut­orin Monica Ortiz sagt: »Als jemand, der auf den Philippine­n aufgewachs­en ist, kenne ich den katastroph­alen Verlust von Leben und die Zerstörung­en, die extremes Wetter verursache­n kann. Durch die Analyse der Daten von der Vergangenh­eit bis heute können wir uns besser an die weitere Entwicklun­g des Klimawande­ls anpassen und uns auf zukünftige Katastroph­en vorbereite­n.«

Duterters Vorgänger Benigno Aquino zog Schlussfol­gerungen aus den wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen: Er wollte die Treibhausg­asemission­en der Philippine­n bis 2030 um 70 Prozent reduzieren. Und die Wirtschaft florierte während Benignos sechsjähri­ger Amtszeit.

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Foto: dpa/Cerilo Ebrano Präsident Duterte hält Klimaschut­z für nachrangig.

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