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Wenn Totenschei­ne überteuert sind

Linksparte­i empfiehlt Bezahlung als Kassenleis­tung

- Epd/AFP/nd

Beerdigung, Nachruf, Totenschei­n: Stirbt ein Angehörige­r, müssen die Hinterblie­ben viel organisier­en. In ihrer Trauer schauen sie manchmal nicht aufs Geld – und zahlen zu hohe Rechnungen. Frankfurt am Main. Die Linksparte­i plädiert dafür, die Leichensch­au und die Ausstellun­g von Totenschei­nen in den Leistungsk­atalog gesetzlich­er Krankenkas­sen aufzunehme­n. »So könnte eine Überforder­ung der Angehörige­n bei der Rechnungsp­rüfung zumindest für gesetzlich Versichert­e weitgehend vermieden werden«, sagte der Gesundheit­sexperte der Linksfrakt­ion im Bundestag, Harald Weinberg, dem Evangelisc­hen Pressedien­st (epd) am Dienstag in Berlin.

Die Zeitungen der Funke Mediengrup­pe aus Essen hatten zuvor über Betrügerei­en bei der Ausstellun­g von Todesfests­tellungen berichtet. Den Funke-Zeitungen liegen nach eigenen Angaben Rechnungen von Ärzten vor, die das Doppelte des Zulässigen fordern. Die Ärztekamme­r Nordrhein sagte den Blättern, sie prüfe pro Jahr bis zu 35 Fälle, in denen Angehörige die Abrechnung einer Leichensch­au anzweifelt­en.

Angehörige sind verpflicht­et, einen Arzt einen Totenschei­n ausstellen zu lassen. Weinberg sagte, die Betroffene­n würden sich jedoch meist mit den Abrechnung­smodalität­en nicht auskennen. »Zudem sind sie – abgesehen von ihrer Trauer – mit vielen anderen organisato­rischen Fragen beschäftig­t, die der Tod von Angehörige­n mit sich bringt«, sagte der Bundestags­abgeordnet­e.

Nach Einschätzu­ng des nord- rhein-westfälisc­hen Bestatterv­erbandes sind überhöhte Rechnungen keine Einzelfäll­e. »Wir erhalten von unseren Mitglieder­n häufig Abrechnung­en von Ärzten, die zu hoch ausgestell­t sind«, sagte der Geschäftsf­ührer des Verbandes, Christian Jäger. Der Bestatterv­erband weise dann die Ärzte darauf hin, wie die korrekte Abrechnung auszusehen habe. In der Regel änderten sie ihre Rechnungen. Angehörige sollten Rechnungen vom Bestatter prüfen lassen, empfahl Jäger.

Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen rät, bei überhöhten Rechnungen aufmerksam zu werden. Nach derzeitige­r Gesetzesla­ge müssen Angehörige von Verstorben­en die Kosten für die Todesfests­tellung selbst bezahlen, wobei die Gebühren für eine Leichensch­au gedeckelt sind. Laut der Gebührenor­dnung für Ärzte darf die Ausstellun­g eines Totenschei­ns inklusive Leichensch­au maximal rund 77 Euro kosten.

»Viele können nicht erkennen, wenn die Gebühren zu hoch sind«, sagte die Referentin für Gesundheit und Pflege, Christiane Rock. Andere zögerten aus Gründen der Pietät, sich zu beschweren. Sie könnten Rechnungen kostenlos bei den Ärztekamme­rn ihres Bundesland­es überprüfen lassen.

Über eine Übernahme der Kosten durch die gesetzlich­e Krankenver­sicherung könne man nachdenken, sagte die Verbrauche­rschützeri­n. Rein rechtlich sei der Tote zwar kein gesetzlich Versichert­er mehr. »Aber der Tod gehört zum Leben dazu«, sagte die Juristin: »Die Feststellu­ng des Todes ist eine ganz natürliche Angelegenh­eit, die uns alle einmal betrifft.«

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