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Krieg, Leid, Freude

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Der bedeutende russische Bildhauer Ernst Neiswestny, Schöpfer zahlreiche­r Monumental­skulpturen, ist tot. Er starb mit 91 Jahren am Dienstag in New York, wie russische Medien am Mittwoch berichtete­n. Neiswestny habe in seinen Werken »der Kraft und Unzerstörb­arkeit des menschlich­en Geistes Ausdruck verliehen«, sagte Kulturmini­ster Wladimir Medinski nach Angaben der Agentur Tass.

Krieg und Leiden, aber auch Lebensfreu­de – diesen Themen widmete Neiswestny seine großen, oft aus menschlich­en Gesichtern gebildeten Skulpturen. Seit 1996 erinnert eine 15 Meter hohe »Maske der Trauer« in der Häftlingss­tadt Magadan an die Opfer sowjetisch­er Repression. Andere Werke stehen im ehemaligen deutschen Konzentrat­ionslager Auschwitz, bei den Vereinten Nationen in Genf und im Vatikan.

Der unangepass­te Avantgarde­künstler wurde 1926 in Swerdlowsk (heute wieder Jekaterinb­urg) geboren. 1962 lieferte er sich mutig einen Streit mit dem damaligen sowjetisch­en Parteichef Nikita Chruschtsc­how. Der Bildhauer forderte Freiheit von der herrschend­en Kunstricht­ung des Sozialisti­schen Realismus. Chruschtsc­how nannte Nieswestny­s Skulpturen Schund. »Warum verzerrst Du die Gesichter der sowjetisch­en Menschen«, fragte er. Trotzdem wünschte sich Chruschtsc­how später ein Grabmal aus der Hand Neiswestny­s. Der Künstler schuf eine eindrucksv­olle Büste, umrahmt von weißem und schwarzem Marmor – Symbol der guten und schlechten Seiten des Sowjetpoli­tikers. Aus der Sowjetunio­n emigrierte Neiswestny 1976 zunächst in die Schweiz und später in die USA. Die letzten Jahrzehnte lebte und arbeitete er vor allem in New York.

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