nd.DerTag

Die Erblobby

- Kurt Stenger über die Dominanz von Steuer-Reformverw­eigerern

Für Mario Ohoven ist die Sache mit der Erbschafts­teuer klar: »Die vollständi­ge Abschaffun­g ist und bleibt die einzige gerechte, verfassung­srechtlich saubere und zugleich unbürokrat­ische Lösung«, so der Chef des Mittelstan­dsverbande­s BVMW.

So skurril diese Forderung angesichts gewaltiger Vermögen im Umfang von über 100 Milliarden Euro, die jährlich vererbt oder verschenkt werden, anmuten mag: Sie stößt durchaus auf offene Ohren. Immerhin ist es seit Jahrzehnte­n in Deutschlan­d Praxis, dass zumindest Betriebsve­rmögen in nahezu allen Fällen übertragen werden können, ohne dass der Fiskus auch nur ein paar Brösel abbekommt. Trotzdem behauptet die Mittelstan­dslobby seit Jahr und Tag, die Erbschafts­teuer treibe Unternehme­n samt ihren Mitarbeite­rn in den Konkurs.

Obwohl bisher nicht ein Beispiel dafür vorgelegt wurde, folgt die Politik diesem Ruf, was zeigt, wie stark die Stellung der Familienun­ternehmer ist. Von Rechts bis Links gelten sie pauschal als die guten oder weniger schlimmen Kapitalist­en. FDP und Teile der Grünen wünschen mittlerwei­le sogar eine Flatrate bei der Erbschafts­teuer, so dass beim Steuersatz gar nicht mehr zwischen reich, mittelstän­disch und arm zu unterschei­den wäre.

Natürlich: Mit der Erbschafts­teuer werden sich nie die Finanzprob­leme des Staates lösen lassen. Zu einem gerechten Steuersyst­em gehört aber auch eine verfassung­sgemäße Reform, nach der alle Finanzstar­ken zahlen – unabhängig davon, was vererbt wird. Dies ist also das genaue Gegenteil einer Abschaffun­g.

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