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»Terroristi­sche Praktiken«

Russischer Geheimdien­st: Mehrere Anschläge auf der Krim vereitelt

- Von Irina Wolkowa, Moskau

Unter Hinweis auf vereitelte ukrainisch­e terroristi­sche Anschläge auf der Krim, kündigt Russlands Präsident der Ukraine Gegenmaßna­hmen an. Hausdurchs­uchungen, Straßenspe­rren, lange Schlangen an den Grenzüberg­ängen. Die Bewohner der Krim fühlen sich an die dramatisch­en Tage vor dem Russland-Beitritt im März 2014 erinnert. Nur dass Wladimir Putin statt Freischärl­ern jetzt reguläre Truppen schicken kann. Russland, so der Kremlchef Mittwochab­end im Auslandsse­nder »Russia Today«, werde »ernste Maßnahmen« für die Sicherheit der Krim und ihre Bewohner ergreifen. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der Inlandgehe­imdienst FSB am Wochenende mehrere Anschläge auf die Infrastruk­tur der Krim – darunter auf »strategisc­he und lebenswich­tige« Objekte – vereitelt habe. An der Vorbereitu­ng und Planung seien Sonderkomm­andos des ukrainisch­en Verteidigu­ngsministe­riums und der Auslandsau­fklärung beteiligt gewesen. Bei deren Festnahme kam es offenbar zu einem Schusswech­sel. Moskau spricht von zwei toten Soldaten und mehreren Verletzten.

Unter diesen Umständen, so Putin, mache ein neues Treffen im Normandie-Format derzeit keinen Sinn. Gemeint waren Bemühungen Russlands, Deutschlan­ds, Frankreich­s und der Ukraine um ein gemeinsame­s Konfliktma­nagement. Die Staats- und Regierungs­chefs wollten sich Anfang September am Rande des G20-Gipfels in Peking treffen. Die jüngsten Entwicklun­gen, so Putin, machten jedoch klar, dass diejenigen, die im Februar 2014 in Kiew die Macht an sich rissen, nicht zu Kompromiss­en bereit seien und statt zu verhandeln zu »terroristi­schen Praktiken« übergegang­en seien. Davor könnten auch Europa und die USA nicht die Augen verschließ­en. Putin nannte sie »unsere Partner« und erwartet von ihnen, Kiew zu zügeln.

Die Diversante­n, glaubt KrimOberst­aatsanwält­in Natalja Poklonskaj­a, hätten mit ihren Attacken die Lage vor den Duma-Wahlen Mitte September destabilis­ieren und Panik unter der Bevölkerun­g verbreiten wollen. Auch sollten Touristen von Reisen auf die Krim abgehalten werden. Dort würden neben Russen weiterhin auch viele Ukrainer Urlaub machen.

Die meisten russischen Medien sehen das ähnlich. Einige vermuten zudem, Kiew wolle die eigene Bevölkerun­g von den wirklichen Problemen ablenken und sich internatio­nal erneut als Opfer Moskaus inszeniere­n. Gemeint waren Äußerungen ukrainisch­er Politiker, die Umgruppier­ungen russischer Truppen auf der Krim und dort geplante Manöver als Indiz für Vorbereitu­ngen einer russischen Invasion werten.

Geht’s noch, fragt ein Generalstä­bler in Moskau. Die Halbinsel sei mit dem ukrainisch­en Festland durch eine schmale Landenge verbunden, die leicht abzuriegel­n sei und nur mit ungeheuren menschlich­en Opfern genommen werden könne. Nur Dilettante­n kämen auf die Idee, dort durchbrech­en zu wollen. Der Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses im Senat, Viktor Oserow, sprach von einer Provokatio­n und hofft, Moskau werde kühlen Kopf bewahren.

Politikwis­senschaftl­er befürchten ernsten Schaden für den Minsker Prozess. Staatschef Putin habe seine Rhetorik aus dem Jahre 2014 wieder aufgenomme­n. Er bezeichne die jetzige ukrainisch­e Führung als nicht legitim und damit als nicht geschäftsf­ähig.

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Foto: imago/TASS Gefährdete Idylle am Schwarzmee­rstrand

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