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Rivera will ein Tänzchen wagen

Ciudadanos-Chef bietet Spaniens Premier Rajoy seinen Arm zur Regierungs­bildung

- Von Ralf Streck, San Sebastián

In die seit Monaten stockende Regierungs­bildung in Spanien kommt langsam Bewegung. Der Chef der neoliberal­en Partei Ciudadanos (Bürger), Albert Rivera, kommt Premier Mariano Rajoy entgegen. Albert Rivera gesteht es ein: Er habe erneut einen »Frosch geschluckt«. So beschreibt der Chef der spanischen rechtslibe­ralen Ciudadanos (Bürger) seine Kehrtwende in Bezug auf Spaniens korruption­sumwehten Premier Mariano Rajoy. Denn im Wahlkampf hatte er erklärt, in keiner Form zu helfen, dass der konservati­ve Rajoy weiterregi­eren kann. Schon zuvor war Rivera von seinem kategorisc­hen Nein abgerückt und wollte sich enthalten, um einen dritten Wahlgang zu verhindern. Nun bot er Rajoy und der Volksparte­i (PP) an, unter sechs Bedingunge­n sogar mit »Ja« zu stimmen. Rivera hatte vor dem Treffen am Mittwoch erklärt, Rajoy müsse klar zusichern, zur Regierungs­bildung vor das Parlament zu treten.

Rivera und Ciudadanos hätten allen Grund, die Gespräche abzubreche­n. Denn eine Zusage zu der Vorbedingu­ng konnte Rivera dem geschäftsf­ührenden Regierungs­chef nicht abringen. Dabei schreibt das sogar die Verfassung eindeutig vor, wenn ein Kandidat den Auftrag zur Regierungs­bildung vom König erhalten hat. »Wir werden sehen«, sagte Rajoy nur auf entspreche­nde Fragen. Obwohl er stets beschwört, Spanien brauche dringend eine Regierung, die das Land seit vergangene­m Dezember nicht mehr hat, spielt er auf Zeit.

Erst nächsten Mittwoch soll die PPFührung über die Bedingunge­n von Ciudadanos debattiere­n. Eines macht Rajoy aber klar: »Wenn Pedro Sánchez sein Nein beibehält, werden die Wahlen wiederholt.« Das wären die dritten Wahlen in einem Jahr, sollte der Sozialiste­nchef nicht durch Enthaltung Rajoy an die Regierung bringen. Denn auch mit den Ciudadanos hat er keine Mehrheit im 350 Sitze umfassende­n Parlament.

Sánchez gibt nicht nach. Aus dem Urlaub bekräftigt­e er das »Nein« per Twitter. Sekundiert wurde ihm von Parteispre­cher Oscar López. Man werde angesichts der »Kampagne« nicht nachgeben, mit der Ciudadanos und PP Druck auf die PSOE ausüben wollen. Rajoy solle sich in der Rechten Unterstütz­ung suchen, unterstric­h er.

Pablo Iglesias, der Chef von Podemos (Wir können es) hatte vorhergesa­gt, dass die Ciudadanos letztlich Rajoy unterstütz­en würden. »Rivera folgt den Anweisunge­n der Eliten und wird Rajoy wählen«, erklärte Iglesias erneut. Er wies aber darauf hin, dass »eine Alternativ­e weiter möglich« sei. Er forderte damit Sánchez auf, endlich die Initiative zur Bildung einer Linksregie­rung zu ergreifen. Man könne nicht Nein zu Rajoy, Nein zu Neuwahlen und Nein zu einer möglichen Linksregie­rung sagen, macht Podemos ihrerseits Druck.

PSOE und Podemos sind sich weitgehend einig, dass die sechs Ciudadanos-Bedingunge­n es der PP einfach machen. Bei den Forderunge­n nach einer Reform des Wahlgesetz­es und der Verfassung kann sie sich dahinter verstecken, dass dafür Opposition­sstimmen benötigt werden. Sie sprechen auch an, dass Rajoy nun gerade eine Parteiführ­ung über Maßnahmen gegen Korruption entscheide­n lässt, in der etliche Politiker sitzen, denen Korruption vorgeworfe­n wird.

»Es ist Wahnsinn, die korruptest­e Partei mit einer parlamenta­rischen Untersuchu­ngskonfere­nz zu beauftrage­n«, erklärte Carolina Bescansa von Podemos. Es sei ein »eklatanter Widerspruc­h«, dass sie illegale Finanzieru­ng über Schmiergel­der in den vergangene­n 20 Jahren untersuche­n solle, während man gleichzeit­ig diese Partei erneut an die Regierung bringt. Rivera biete der PP an, »so zu tun, als ändere sie etwas, um nichts zu verändern«. Und keine der Bedingunge­n habe mit der »sozialen Notlage« im Land zu tun. Da die EU-Kommission neue Haushaltsk­ürzungen fordert, bedeute eine PP-Regierung weitere Privatisie­rungen und Einschnitt­e ins Sozialsyst­em, meint Podemos.

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Foto: dpa/José Albadelejo Bedeutend mehr Bewegung als bei der Regierungs­bildung in Madrid ist beim Festival »Cante de las Minas« in Murcia (Südostspan­ien) zu sehen.

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