Als der Computer nach Hause kam
Vor 35 Jahren stellte IBM den ersten erfolgreichen PC vor – und wurde schnell von der Konkurrenz überholt
Was man sich heute kaum noch vorstellen kann: Pionier am Markt der Computer für Privathaushalte war der US-Konzern IBM.
Technisch gesehen war das IBM-Modell 5150 kein Meilenstein. Der erste kommerziell erfolgreiche »Personal Computer« (PC), den der US-Elektronikkonzern IBM am 12. August 1981 in New York vorstellte, entwickelte sich zwar zum Vorbild jenes Allzweck-Rechnertyps, der in den folgenden Jahren seinen Siegeszug durch Büros und Privathaushalte antreten sollte. Doch das lag nicht an überlegenen Fähigkeiten. Im Gegenteil: Der PC, den IBM an jenem Sommertag vor 35 Jahren bei einem Firmenevent präsentierte, war damals technisch eher rückständig.
Dass er Stil prägend für die Computerindustrie wurde und dem Rechner zum Durchbruch bei Privatanwendern verhalf, lag eher am Timing. Der etwa schreibmaschinengroße flache Plastikkasten, an den Drucker, Bildschirm und Tastatur angeschlossen werden konnten und dessen interne Hauptrechenkomponenten nach einem massenfertigungstauglichen Baukastensystem zusammengeschraubt waren, traf einen Nerv bei Konsumenten und Mitbewerbern. Diese kopierten die Machart des 5150 eifrig – und wurden dabei schnell erfolgreicher als IBM.
»Es ist der Computer für jeden, der schon immer einen persönlichen Rechner im Büro, auf dem Campus ei- ner Universität oder zu Hause haben wollte«, pries IBM-Vizepräsident C. B. Rogers das Modell. Er eignete sich für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und auch Telespiele. 1565 Dollar kostete er in der Basisversion, umgerechnet 3540 D-Mark.
Der PC war keine Erfindung von IBM. Er war nur die Antwort auf den bereits wachsenden Markt preisgünstiger Kompaktrechner, die neu gegründete Computerfirmen wie Commodore oder Apple bis Anfang der 1980er Jahre in zunächst eher kleinen Stückzahlen auf den Markt brachten. Der Traditionskonzern IBM, bekannt für seine Großrechner, wollte als Antwort auf die Herausforderung ein eigenes Modell »für den Hausgebrauch« anbieten. Es war ei- ne defensive Reaktion, die die Startup-Konkurrenz vom Markt fegen sollte. Das Großunternehmen war nicht darauf aus, ein neues Kapitel der Computergeschichte zu schreiben.
Innerhalb weniger Monate entwickelte ein Team im IBM-Forschungslabor Boca Raton im US-Bundesstaat Florida das Modell 5150. Statt einen Rechner selbst neu zu konzipieren, kaufte IBM das Know-how kleinerer Dienstleister ein. Das Betriebssystem lieferte die damals recht unbekannte Firma eines gewissen Bill Gates namens Microsoft.
Was den PC damals mit zu einem Verkaufsschlager machte, war mutmaßlich auch der Name des Herstellers, der seit Jahrzehnten zur Elite der US-Wirtschaft gehörte und auch Ge- schäftsleuten wie Durchschnittsbürgern außerhalb der kleinen Szene der Computernerds bekannt war. Auch die groß angelegte Vermarktung spielte eine Rolle.
Selbst IBM war vom Erfolg seines Modells überrascht, verlor dann aber den Anschluss an umtriebigere Konkurrenzfirmen, die die Idee des aus Standardsystemkomponenten bestehenden benutzerfreundlichen Rechners nachahmten. Firmen wie Compaq brachten bis Anfang der 1990er Jahre die ersten billigen, wirklich massentauglichen PCs auf den Markt.
Eine nicht unwesentliche Rolle dabei spielte Microsoft, die den IBM-PC mit ihrem Betriebssystem MS DOS zum Laufen brachten. Der geschäftstüchtige Firmengründer Gates verkaufte IBM zwar sein Programm, ließ sich vertraglich aber zugleich das Recht zusichern, MS DOS an andere Hersteller zu liefern, die mit den gleichen Bauteilen eigene »Heim-Computer« klonten und IBM damit letztlich erfolgreich Konkurrenz machten.
Dass IBM sich darauf einließ und die Kontrolle über das Betriebssystem verlor, gilt einigen Experten als einer der größten unternehmerischen Fehlleistungen. Gates wurde Milliardär, Microsoft zur dominierenden Firma des PC-Zeitalters. IBM indessen verlor den Anschluss und verkaufte seine PC-Sparte 2005 an die chinesische Firma Lenovo, um sich wieder ganz auf IT-Infrastrukturen und die dazugehörigen Dienstleistungen für Unternehmenskunden zu konzentrieren. Das Kapitel »HeimComputer« ist dort beendet.