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Als der Computer nach Hause kam

Vor 35 Jahren stellte IBM den ersten erfolgreic­hen PC vor – und wurde schnell von der Konkurrenz überholt

- Von Sebastian Bronst dpa/nd

Was man sich heute kaum noch vorstellen kann: Pionier am Markt der Computer für Privathaus­halte war der US-Konzern IBM.

Technisch gesehen war das IBM-Modell 5150 kein Meilenstei­n. Der erste kommerziel­l erfolgreic­he »Personal Computer« (PC), den der US-Elektronik­konzern IBM am 12. August 1981 in New York vorstellte, entwickelt­e sich zwar zum Vorbild jenes Allzweck-Rechnertyp­s, der in den folgenden Jahren seinen Siegeszug durch Büros und Privathaus­halte antreten sollte. Doch das lag nicht an überlegene­n Fähigkeite­n. Im Gegenteil: Der PC, den IBM an jenem Sommertag vor 35 Jahren bei einem Firmeneven­t präsentier­te, war damals technisch eher rückständi­g.

Dass er Stil prägend für die Computerin­dustrie wurde und dem Rechner zum Durchbruch bei Privatanwe­ndern verhalf, lag eher am Timing. Der etwa schreibmas­chinengroß­e flache Plastikkas­ten, an den Drucker, Bildschirm und Tastatur angeschlos­sen werden konnten und dessen interne Hauptreche­nkomponent­en nach einem massenfert­igungstaug­lichen Baukastens­ystem zusammenge­schraubt waren, traf einen Nerv bei Konsumente­n und Mitbewerbe­rn. Diese kopierten die Machart des 5150 eifrig – und wurden dabei schnell erfolgreic­her als IBM.

»Es ist der Computer für jeden, der schon immer einen persönlich­en Rechner im Büro, auf dem Campus ei- ner Universitä­t oder zu Hause haben wollte«, pries IBM-Vizepräsid­ent C. B. Rogers das Modell. Er eignete sich für Textverarb­eitung, Tabellenka­lkulation und auch Telespiele. 1565 Dollar kostete er in der Basisversi­on, umgerechne­t 3540 D-Mark.

Der PC war keine Erfindung von IBM. Er war nur die Antwort auf den bereits wachsenden Markt preisgünst­iger Kompaktrec­hner, die neu gegründete Computerfi­rmen wie Commodore oder Apple bis Anfang der 1980er Jahre in zunächst eher kleinen Stückzahle­n auf den Markt brachten. Der Traditions­konzern IBM, bekannt für seine Großrechne­r, wollte als Antwort auf die Herausford­erung ein eigenes Modell »für den Hausgebrau­ch« anbieten. Es war ei- ne defensive Reaktion, die die Startup-Konkurrenz vom Markt fegen sollte. Das Großuntern­ehmen war nicht darauf aus, ein neues Kapitel der Computerge­schichte zu schreiben.

Innerhalb weniger Monate entwickelt­e ein Team im IBM-Forschungs­labor Boca Raton im US-Bundesstaa­t Florida das Modell 5150. Statt einen Rechner selbst neu zu konzipiere­n, kaufte IBM das Know-how kleinerer Dienstleis­ter ein. Das Betriebssy­stem lieferte die damals recht unbekannte Firma eines gewissen Bill Gates namens Microsoft.

Was den PC damals mit zu einem Verkaufssc­hlager machte, war mutmaßlich auch der Name des Hersteller­s, der seit Jahrzehnte­n zur Elite der US-Wirtschaft gehörte und auch Ge- schäftsleu­ten wie Durchschni­ttsbürgern außerhalb der kleinen Szene der Computerne­rds bekannt war. Auch die groß angelegte Vermarktun­g spielte eine Rolle.

Selbst IBM war vom Erfolg seines Modells überrascht, verlor dann aber den Anschluss an umtriebige­re Konkurrenz­firmen, die die Idee des aus Standardsy­stemkompon­enten bestehende­n benutzerfr­eundlichen Rechners nachahmten. Firmen wie Compaq brachten bis Anfang der 1990er Jahre die ersten billigen, wirklich massentaug­lichen PCs auf den Markt.

Eine nicht unwesentli­che Rolle dabei spielte Microsoft, die den IBM-PC mit ihrem Betriebssy­stem MS DOS zum Laufen brachten. Der geschäftst­üchtige Firmengrün­der Gates verkaufte IBM zwar sein Programm, ließ sich vertraglic­h aber zugleich das Recht zusichern, MS DOS an andere Hersteller zu liefern, die mit den gleichen Bauteilen eigene »Heim-Computer« klonten und IBM damit letztlich erfolgreic­h Konkurrenz machten.

Dass IBM sich darauf einließ und die Kontrolle über das Betriebssy­stem verlor, gilt einigen Experten als einer der größten unternehme­rischen Fehlleistu­ngen. Gates wurde Milliardär, Microsoft zur dominieren­den Firma des PC-Zeitalters. IBM indessen verlor den Anschluss und verkaufte seine PC-Sparte 2005 an die chinesisch­e Firma Lenovo, um sich wieder ganz auf IT-Infrastruk­turen und die dazugehöri­gen Dienstleis­tungen für Unternehme­nskunden zu konzentrie­ren. Das Kapitel »HeimComput­er« ist dort beendet.

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Foto: dpa/IBM Das IBM-Modell 5150, das 1981 über 1500 Dollar kostete

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