Die Züge stehen
Streik bei Eurostar und Southern Railway in England
Von Montag bis Mittwoch streikten die Beschäftigten von Southern Railway. Die stark frequentierten Verbindungen im Südosten Englands konnten nur zu 60 Prozent fahren. Ab Freitag ruft die Transportarbeitergewerkschaft RMT (National Union of Rail, Maritime and Transport Workers) erneut zum Streik auf; diesmal 80 Schaffner beim Eurostar bis zum 15. August. Ein weiteres Streikwochenende soll vom 27. bis zum 29. August folgen. Der Eurostar verbindet Großbritannien und Frankreich durch den Ärmelkanal.
In der Urabstimmung stimmten 95 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für den Streik, wie die RMT mitteilte. Während die Gewerkschaft mit Beeinträchtigungen rechnet, erklärte die Betreibergesellschaft des Eurostar, man werde den Fahrplan weitgehend einhalten können. In dem Konflikt geht es um Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen.
In den vergangenen Tagen hatten in der RMT organisierte Bahnbeschäftigte bei Southern Railway im Südosten der Insel mit einem Streik für Wirbel gesorgt. Dieser Streik richtete sich gegen Pläne des Betreibers zur Arbeitsverdichtung und Reduzierung der Zugbegleiter. Aus Sicht der RMT stellen die Pläne die Sicherheit der Passagiere in Frage. Daher der Slogan: »Keep the guard on the train. Keep the train safe.«
Seit Jahren gibt es immer wieder Konflikte bei den britischen Bahnen, häufig auch begleitet von Streiks. Die Zerschlagung und Privatisierung der staatlichen Eisenbahngesellschaft British Rail (BR) zwischen 1994 und 1997 gilt als gescheitert, da sie sowohl für die Nutzer als auch die Beschäftigten durchweg negative Folgen hatte. Preise stiegen, Service und Arbeitsbedingungen verschlechterten sich. Regie-Altmeister Ken Loach hat diesem Thema mit »The Navigators« sogar einen Spielfilm gewidmet.
Gleichzeitig haben die Transportarbeiter die Möglichkeit, mit wenig Aufwand großen Effekt zu erzielen. Dies hat die als besonders links geltende RMT mit ihren 80 000 Mitgliedern in den vergangenen Jahren immer wieder genutzt. Erst vor einem Jahr konnte die RMT bei der Londoner U-Bahn mit Hilfe von aufsehenerregenden Streiks die Einführung von arbeiterfeindlichen Schichtplänen verhindern.
Die jetzige Eskalation bei Eurostar und der Konflikt bei Southern Railway fallen in eine besonders polarisierte Zeit. Denn das Brexit-Votum hat auch die britische Linke und die Gewerkschaften aufgewühlt.
Die RMT gehörte zu jenen Gewerkschaften, die sich im Vorfeld der Abstimmung für einen linken Brexit – einen »Lexit« – ausgesprochen hatten. Im Labour-Konflikt um den jüngst wieder unter Druck geratenen Vorsitzenden Jeremy Corbyn, stellte sich die RMT Ende Juni öffentlich hinter Corbyn. Der bezeichnete anlässlich des angekündigten Streiks Anfang August die Privatisierung der Bahn als »enormen Fehler« und forderte die Verstaatlichung von Southern Railway.