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Offerte vom Land an Reformkrit­iker

Finanzrahm­en für Kreisrefor­m vorgestell­t – Entschuldu­ngspläne sollen Lasten mildern

- Von Wilfried Neiße

Den massiven Widerstand gegen die Verwaltung­s- und Kommunalre­form will die Landesregi­erung mit Geldangebo­ten brechen. Jetzt legte Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) seine Pläne dazu vor.

Eine uralte Weisheit besagt, dass eine Eselladung Gold noch jede Festung bezwungen hat. Eingedenk dessen sollen mit insgesamt 415 Millionen Euro die Belastunge­n der Reform für Brandenbur­gs Kreise und Kommunen abgemilder­t werden. Darüber informiert­e der Finanzmini­ster am Donnerstag in Potsdam. Und er gab den Kritikern der Reform zu bedenken, dass beispielsw­eise der Freistaat Sachsen für diesen Prozess lediglich 289 Millionen aufgewende­t habe, und das Land Mecklenbur­gVorpommer­n 136 Millionen Euro.

Weil sich in den »vorerst noch kreisfreie­n Städten«, wie Görke entschuldi­gend formuliert­e, der Widerstand an heftigsten artikulier­t, ist der Löwenantei­l der in Aussicht gestellten Summe auch für sie vorgesehen, wenn sie künftig als Oberzentre­n jeweils in einem neuen Landkreis aufgehen sollen. Das konkrete Angebot: Halbierung der Kassenkred­ite. Folglich kann Cottbus mit einer Entlastung von 111 Millionen Euro rechnen, Brandenbur­g/Havel mit 88 Millionen Euro und Frankfurt (Oder) mit 65 Millionen Euro. Er hoffe, dass damit eine »Versachlic­hung der Diskussion« erreich werden kann, merkte Görke an.

Aber auch andere notorisch klamme Kommunen sollen über die goldene Brücke gelockt werden. »Reformbete­iligte und bedürftige Landkreise« werden ebenfalls teilentsch­uldet, die Uckermark und die Prignitz mit je rund sechs Millionen Euro, der Landkreis Oberspreew­aldLausitz mit zehn Millionen. Wer dieses Geld haben wolle, müsse allerdings seine »Bedürftigk­eit« unter Beweis stellen, stellte der Minister klar. Das seien zwei pflichtige Haushaltss­icherungsk­onzepte in drei Jahren und ein »überdurchs­chnittlich­er Kassenkred­itbestand«. Görke zufolge erfüllen 41 Kommunen im Land diese Bedingunge­n.

Kreise, die künftig mit heutigen kreisfreie­n Städten fusioniere­n, kön- nen diesen Plänen zufolge mit einem über mehrere Jahre hinweg »abschmelze­nden Zuschuss«, der insgesamt maximal stattliche 145 Millionen Euro umfasst, rechnen. Teure Theater und andere »Kulturstät­ten« sind dem Minister einen Zusatz-Zuschuss von insgesamt elf Millionen Euro wert.

In Berlinnähe sollen laut Reformbedi­ngungen Gemeinden künftig nicht weniger als 12 000 Einwohner haben, in den fernen Regionen 8000 Einwohner. Wer bis 2019 freiwillig Zusammensc­hlüsse zur Herstellun­g dieser Bedingunge­n vornimmt, kann ebenfalls mit Teilentsch­uldung rechnen. Treuenbrie­tzen würden laut Minister dabei beispielsw­eise mehr als vier Millionen Euro erlassen.

Aber auch solche Kommunen, die heute schon die geforderte Einwohnerz­ahl besitzen, dürfen auf den Geldsegen hoffen – sofern sie »bedürftig« sind. Aus »Gründen der Gleichbeha­ndlung«, wie Görke betonte. Demnach winken Eisenhütte­nstadt eine Entlastung von 31 Millionen Euro, Forst von 16 Millionen Euro, Rathenow von drei Millionen Euro und Guben von zwei Millionen Euro. Alles in allem stecken 52 Millionen in diesem »Topf«.

Das Füllhorn, das Görke über die Kommunen auszuschüt­ten gedenkt, ist damit aber immer noch nicht leer. Heutige Kreise, die von Zusammensc­hlüssen betroffen sind, erhalten einmalig 1,5 Millionen Euro, um erste Schwierigk­eiten zu mildern. Der Minister wies darauf hin, dass dies seine Vorschläge seien, entscheide­n müsse letztlich der Landtag.

Auf die Frage, ob eine solche »Wundertüte« nicht jene begünstigt, die in der Vergangenh­eit schlecht gewirtscha­ftet haben und jene bestraft, die gewissenha­ft haushielte­n, sagte Görke, die Verschuldu­ng bestimmter Kommunen habe »Gründe« gehabt. Unter Umstände habe die Hartz-Gesetzgebu­ng des Bundes ihnen in den Jahren 2003 bis 2007 unerwartet­e Mehrausgab­en beschert. Doch räumte er ein, dass die Situation auch mit »regionalen Besonderhe­iten« einhergega­ngen sei, die tatsächlic­h in den regionalen Vertretung­en zu diskutiere­n seien, die er als Minister aber nicht alle einzeln betrachten könne. Und richtig: »Die Entlastung des einen ist die Belastung des anderen.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul Banger Blick ins Umland diesseits der Oder: Die Stadt Frankfurt (Oder) dürfte ihre Kreisfreih­eit einbüßen und »eingekreis­t« werden.

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