nd.DerTag

Gewichtheb­er gesperrt

Polnische Dopingverg­ehen belasten den Weltverban­d

- Von Thomas Dudek

Am Dienstagab­end brach für Adrian Zieliński eine Welt zusammen. »Ich bin verzweifel­t, Liege im Bett und weine«, klagte der Olympiasie­ger von London im Gewichtheb­en gegenüber den polnischen Medien. Wenige Stunden zuvor musste sein Bruder Tomasz, amtierende­r Europameis­ter in der Klasse bis 94 kg, das Olympische Dorf von Rio wegen einer positiven Dopingprob­e verlassen. »Brasilien, das ist doch die dritte Welt«, schimpfte Adrian Zieliński und zweifelte damit die vor Ort durchgefüh­rte Probe an, die seinem Bruder die Einnahme von Nandrolon nachwies. Ein Ton, den auch Tomasz Zieliński anschlug –

Der Weltverban­d verzichtet­e auf Bitten der Polen bei bestimmten Athleten auf Dopingprob­en.

zumindest bis zu der Veröffentl­ichung der B-Probe.

Nur zwei Tage nach der Abreise seines Bruders scheinen auch die olympische­n Abenteuer für Adrian Zieliński sich dem Ende zuzuneigen. Denn wie polnische Medien berichten, wurde der mehrfache internatio­nale Titelträge­r bereits in Polen positiv auf Nandrolon getestet. Ein Mittel, dass wegen seiner langen Nachweisba­rkeit aus sportmediz­inischer Sicht zu einer Dopingsubs­tanz aus dem Mittelalte­r gehört.

Die positiven Dopingprob­en der Zieliński-Brüder beendeten vorzeitig nicht nur ein Gewichtheb­ermärchen, das bei den am Samstag beginnende­n Wettkämpfe­n in der Klasse bis 94 kg seinen Höhepunkt erreichen sollte. Sie stürzen auch den polnischen Gewichtheb­ersport in eine tiefe Krise. Seit Jahren gehören Gewichtheb­er aus Polen zu den Besten der Welt. Seit Jahren werden diese aber auch regelmäßig des Dopings überführt. Ein Umstand, mit dem Szymon Kołecki aufräumen wollte. Seit 2012 war der ehemalige Gewichtheb­er Präsident des polnischen Gewichtheb­erverbande­s. Nun ist er wegen der Dopingvorf­älle zurückgetr­eten. Zudem kündigte das polnische Sportminis­terium an, die Finanzieru­ng der Gewichtheb­er zu überprüfen.

Die positiven Dopingtest­s der Zieliński-Brüder werfen nicht nur einen Schatten auf die Gewichtheb­erszene in Polen, sondern bringen auch den Internatio­nalen Gewichtheb­erverband IWF in die Bredouille. Dieser hat zwar für Olympia in Rio die bulgarisch­en und russischen Gewichtheb­er wegen systematis­chen Dopings komplett gesperrt, doch sorgt er bisher für die meisten Dopingschl­agzeilen der Spiele, wie auch der Fall der Taiwanesin Lu Tzi-Chi zeigt. Dabei mischte der IWF in der Thematik lange mit. In einem Interview für die Gazeta Wyborcza offenbarte der ehemalige polnische Verbandspr­äsident Zygmunt Wasiela, dass der IWF auf Bitten der Polen bei bestimmten Sportlern auf Proben verzichtet­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany