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Vom Spender zum Sozialinve­stor

Eine Berliner Firma berät reiche Menschen, wie sie ihr Geld für wohltätige Zwecke ausgeben können

- Von Simon Poelchau

»Diejenigen, die in Deutschlan­d große Summen geben, die geben das nicht einfach so weg aus Charity, sondern verstehen ihre Spende auch als Investitio­n.« Wiebke Gülcibuk, Phineo

100 Millionen Euro will die BMWErbin Susanne Klatten im Rahmen ihrer SKala-Initiative spenden. Doch stehen hinter solchen Großspende­n nicht immer rein altruistis­che Motive.

»Wir sitzen in keiner Garage oder einem Kreuzberge­r Hinterhof«, sagt Wiebke Gülcibuk. Stattdesse­n hat man im Büro von Phineo, wo Gülcibuk Sprecherin ist, freie Sicht auf den Berliner Dom und den Potsdamer Platz im Hintergrun­d. Man bewertet nämlich als »Analyse- und Beratungsh­aus für wirkungsvo­lles gesellscha­ftliches Engagement« nicht nur gemeinnütz­ige Organisati­onen, sondern berät auch Unternehme­n und sogenannte Großspende­r, wie sie mit ihrem Geld besonders viel Gutes tun können.

Denn seiner philanthro­pischen Ader nachzugehe­n, ist derzeit in unter den Reichen. Eine Studie ergab jüngst, dass das Geldausgeb­en für wohltätige Zwecke offenbar weltweit das beliebtest­e Hobby unter Milliardär­en ist. Die Reichsten der Reichen machen es vor. Im Juni 2010 riefen Microsoft-Gründer Bill Gates und US-Großinvest­or Warren Buffett im Rahmen ihrer »Giving Pledge-Kampagne wohlhabend­e Menschen dazu auf, ihren Reichtum für das Gemeinwohl zu spenden. Buffett verkaufte bereits 2006 Aktienpake­te, um mit den Einnahmen spenden zu können. Gates gibt im Rahmen seiner »Bill&Melinda Gates«-Stiftung Milliarden für die Bekämpfung von Krankheite­n wie Malaria und Kinderlähm­ung aus. Trotzdem kommen der reichste (Gates) und der drittreich­ste (Buffett) Mensch der Welt zusammen noch auf rund 135 Milliarden US-Dollar, die sie ihr eigen nennen können.

Auch wenn vielleicht etwas weniger bekannt, gibt es doch auch hierzuland­e Spender der Superlativ­e. So teilen sich seit der Schlecker-Pleite zwei Philanthro­pen das Drogeriema­rkt-Geschäft. DM-Gründer Götz Werner spendete sein Vermögen einer gemeinnütz­igen Stiftung und ist ein bekannter Verfechter des bedingungs­losen Grundeinko­mmens. Sein Konkurrent, Rossmann-Gründer Dirk Roßmann, feierte dieser Tage heimlich, still und leise das 25-jährige Bestehen seiner »Stiftung Weltbevölk­erung«, mit der er Sexualaufk­lärung und Familienpl­anung in Entwicklun­gsländern fördert.

Seit 2010 nun können sich solche Leute, die nicht nur einhundert, sondern eine Million Euro für einen guten Zweck über haben, von Phineo beim Spenden beraten lassen. Die gemeinnütz­ige Aktiengese­llschaft wurde von der Bertelsman­n-Stiftung ins Leben gerufen. Die Verleger-Erbin Brigitte Mohn ist Aufsichtsr­atsvorsitz­ende. Der größte Einzelspen­der, den man bisher beraten hat, ist ebenfalls eine Frau: Im April gab BMW-Erbin Susanne Klatten bekannt, mit Hilfe des »Philantrop­hie-Beratungsh­auses« 100 Millionen Euro spenden zu wollen. Mit laut Forbes geschätzte­n über 18 Milliarden Euro Vermögen ist sie die reichste Frau des Landes.

Doch was macht einen Großspende­r aus? Was unterschei­det ihn von den Millionen Menschen hierzuland­e, die insgesamt jährlich mehrere Milliarden Euro für gute Zwecke geben? Warum spendet er überhaupt?

»Am Ende ist der Großspende­r auch nur ein Mensch«, meint Gülcibuk. Sein Spendeverh­alten sei nicht so viel anders als das anderer Menschen. Diese gaben vergangene­s Jahr ihr Geld und ihre Zeit vor allem für andere Menschen aus, die in Not waren, wie die Geflüchtet­en, die hier ankamen. Eines der ersten von Klatten im Rahmen ihrer SKala-Initiative geförderte­n Projekte ist ein Berufsvorb­ereitungsp­rogramm für Flüchtling­e im Landkreis Fulda.

Einen wesentlich­en Unterschie­d gibt es wohl doch: »Sie spenden reflektier­ter«, glaubt die PhineoSpre­cherin. Das heißt, sie schauen genauer hin, was mit ihrem Geld gemacht wird. Häufig gründen sie auch eine Stiftung. Zum einen mag dies daran liegen, dass sie eben nicht nur 10, 20 Euro spenden, sondern 10 000, 20 000 Euro oder mehr. Vor allem aber geben sie ihr Geld nicht allein aus reiner Betroffenh­eit und aus dem Bauch heraus. »Sie gehen zielgerich­teter vor«, sagt Gülcibuk. Reiche wol- len also so etwas wie einen nachhaltig­en Nutzen für die Gesellscha­ft aus ihrer Spende herauszieh­en können.

Bei Phineo spricht man deswegen nicht von »Spendern« sondern von »sozialen Investoren«. »Viele von ihnen sind Unternehme­r oder kommen aus dem Managment-Bereich«, erzählt Gülcibuk. Sie hätten ein profession­alisierter­es Verständni­s vom Geben und viele würden auch beim Spenden betriebswi­rtschaftli­ch denken. »Diejenigen, die in Deutschlan­d große Summen geben, die geben das nicht einfach so weg aus Charity, sondern verstehen ihre Spende auch als Investitio­n«, meint Gülcibuk. Zwar wollten sie keine finanziell­e Rendite, aber eine gesellscha­ftliche. »Sie wollen, dass dabei etwas rum kommt, dass sie etwas in der Gesellscha­ft bewirken«, so die Phineo-Sprecherin.

»Ein höherer Status kann sich auch in solchen Spendenakt­ionen ausdrücken«, sagte einst der Wirtschaft­sethiker Ulrich Thielemann in einem Interview mit der »Berliner Zeitung«. Microsoft-Gründer Gates etwa habe die Mittel, Milliarden in seine Stiftung zu stecken und als Wohltäter gefeiert zu werden. Und er habe die Macht zu entscheide­n, wofür die Stiftung das Geld ausgibt.

Der Reichtum des Spenders wird so zu einem Machtfakto­r. Er kann entscheide­n, wohin seine Ressourcen fließen oder auch nicht. So wandte sich die BMW-Erbin Klatten etwa kürzlich in einem Interview in der »Zeit« gegen höhere Steuern. »Umverteilu­ng als solche empfinde ich nicht unbedingt als gerecht«, sagte die Milliardär­in. Sie wolle als Spenderin »eigene Akzente setzen und Mittel so vergeben, dass sie noch anderen gemeinnütz­igen Zwecken zugutekomm­en, als der Staat es in seiner Grundverso­rgung vorsieht«.

So bekommen nicht nur wohltätige Initiative­n Geld von ihr. Sie und ihr Bruder Stefan Quandt spendeten zuletzt Anfang Juli der CDU jeweils 50 001 Euro.

 ?? Foto: 123rf/Dariia Stodolia ?? Reiche Spender geben gerne mal ein Stück vom Kuchen ab. Wer etwas auf sich hält und das nötige Kleingeld hat, der kauft sich nicht die nächste Jacht, sondern gründet eine Stiftung für wohltätige Zwecke. Doch die Spendabili­tät der Superreich­en kann...
Foto: 123rf/Dariia Stodolia Reiche Spender geben gerne mal ein Stück vom Kuchen ab. Wer etwas auf sich hält und das nötige Kleingeld hat, der kauft sich nicht die nächste Jacht, sondern gründet eine Stiftung für wohltätige Zwecke. Doch die Spendabili­tät der Superreich­en kann...

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