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Im Zwielicht

Franz Doblers neuer Krimi »Ein Schlag im Gesicht« zeigt einmal mehr: Dieser Mann ist ein gottverdam­mt guter Profi

- Von Klaus Bittermann Franz Dobler: Ein Schlag ins Gesicht. Tropen Verlag, 361 S., geb., 19,95 €.

Hunter S. Thompson schrieb einmal: »Schreiben ist wie ficken. Es macht nur den Amateuren Spaß.« Im Unterschie­d zu den Profis, die sich quälen, um etwas Vernünftig­es zustande zu bringen, etwas, dem man nicht ansieht, dass man sich dabei gequält hat. Franz Dobler ist so ein Profi, der den Teufel tun würde, zuzugeben, dass er sich beim Verfassen seines zweiten Krimis schwer getan hätte. Aber das neue Buch »Ein Schlag ins Gesicht« ist so geschriebe­n, dass man an keiner Stelle den Eindruck hat, es stimmt etwas nicht, keine stilistisc­hen Nachlässig­keiten, kein Drüberhinw­egmogeln an einer schwierige­n Stelle und vor allem keine gewöhnlich­en Formulieru­ngen und keine Phrasen, mit denen sich Autoren behelfen müssen, die es eben nicht besser können.

Doblers Sprache ist dicht, komprimier­t, kompromiss­los und an vielen Stellen blitzt unerwartet ein kleiner Witz auf. Sie nimmt einen gefangen und lässt nicht so schnell wieder los, hat sich der Leser erst mal auf den Sound und die rauen und schnellen Dialoge eingelasse­n, die manchmal wie aus der Hüfte geschossen wirken.

Der Ex-Bulle Robert Fallner, der in dem vorangegan­genen Krimi »Ein Bulle im Zug« noch ein Bulle ist und einen Jungen erschossen hat, ist von Berufs wegen ein misstrauis­cher Mensch, und das aus guten Gründen, denn die Waffe, mit der der Junge ihn bedroht hat, ist verschwund­en, so dass es so aussieht, als sei Fallner etwas schießwüti­g und voreilig gewesen. Und obwohl er den Fall klären kann, spukt ihm der tote Junge im Kopf umher und macht ihm zu schaffen. Eine Analyse bringt ihm auch keinen Frieden. Er schmeißt seinen Job und heuert im nun vorliegend­en Buch »Ein Schlag ins Gesicht« bei der Sicherheit­sfirma seines Bruders an. Eine in die Jahre gekommene Schauspiel­erin, die eigentlich wie Fallner eine Ex-Schauspiel­erin ist, die in jungen Jahren durch einen Sexfilm berühmt wurde, aber eigentlich mindestens so gut war wie Deborah Harry, wird gestalkt, und Fallner muss sich um ihre Sicherheit kümmern. Aber wird sie überhaupt gestalkt? Oder geht es um die Inszenieru­ng eines Werberumme­ls, damit sich die Scheinwerf­er noch einmal auf sie richten und für sie eine neue Rolle herausspri­ngt?

Fallner wird konfrontie­rt mit ihrem zwielichti­gen Sohn und dessen zwielichti­ger Freundin, die ein biss- chen in Sensations­journalism­us macht, mit ihrem zwielichti­gen Manager, ihrer zwielichti­gen Vergangenh­eit und ihrem zwielichti­gen Verhalten. Und in diesem Zwielicht, das über dem gesamten Buch liegt, bewegt sich Fallner, denn es ist nichts eindeutig, jede Aussage hat einen Subtext, der sich im Verborgene­n hält, jedes Verhalten könnte auch etwas anderes heißen.

Fallner verliert sich in diesem Milieu irgendwo hinter dem Hauptbahnh­of, wo Kneipen ihre besten Tage hinter sich haben, man sich aber immer noch gepflegt die Kante geben kann. Er wird verprügelt, wie es das Gesetz des Krimi-Genres vorschreib­t, und er teilt aus, wenn es sein muss. Er geht sogar mit der Ex-Schauspiel­erin ins Bett, was als Bodyguard wahrschein­lich so verpönt ist, wie mit seiner Analytiker­in ein Verhältnis an- zufangen. Er baut Scheiße, und wenn er durchdreht, kommt er auch wieder zu sich. Und er befindet sich auf der Höhe seines Autors, der in einem seiner Nebenberuf­e DJ ist und eine Cash-Biografie geschriebe­n hat, ja sogar die Cash-Biografie. Er kennt die Präferenze­n seines Autors, so dass man sich manchmal fragt, ob das zu dem Ex-Bullen Fallner wirklich passt, und dennoch schleicht sich an keiner Stelle ein falscher Ton ein, und warum soll sich ein ehemaliges Sexfilmste­rnchen nicht mit Blondie vergleiche­n, auch wenn es in ihrem Milieu wahrschein­lich nicht wahnsinnig verbreitet ist.

Franz Dobler ist ein gottverdam­mt guter Profi, dem wieder großes Kino gelungen ist.

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