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Ein Hoffnungst­räger winkt ab

Thüringens SPD-Landeschef Bausewein möchte lieber OB in der boomenden Landeshaup­tstadt bleiben

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Anders als viele andere Regionen Thüringens boomt es in der Landeshaup­tstadt. Der SPD-Mann Andreas Bausewein will auch deshalb OB bleiben. Damit hat seine Partei jedoch ein neues Problem. Eigentlich galt Andreas Bausewein bislang als der aussichtsr­eichste Kandidat der Thüringer SPD für die Spitzenkan­didatur der Partei zur Landtagswa­hl 2019. Doch nun hat sich Bausewein festgelegt: Er wolle sich erneut um das Amt des Erfurter Oberbürger­meisters bewerben, sagte der 43-Jährige am Mittwoch in Erfurt. In der Landeshaup­tstadt wird 2018 ein neuer Rathaus-Chef gewählt.

»Das macht mir Spaß, ich will das weiterhin machen«, sagte er. Ein hauptberuf­licher Wechsel des Kommunalpo­litikers in die Landespoli­tik scheint damit endgültig sehr unwahrsche­inlich – was gleicherma­ßen bedeutet, dass bei den Thüringer Sozialdemo­kraten völlig offen ist, wer die Partei in die Landtagswa­hl 2019 führen soll. Bausewein ist seit 2006 Oberbürger­meister Erfurts und seit 2014 Landesvors­itzender der SPD. Er war erst Mitte November auf einem Landespart­eitag der Sozialdemo­kraten für weitere zwei Jahre als Vorsitzend­er in seinem Ehrenamt bestätigt worden. Als Parteivors­itzender hätte er traditione­ll das erste Zugriffsre­cht auf die Spitzenkan­didatur für die Landtagswa­hl.

Nach der schweren Niederlage der SPD bei der Thüringer Landtagswa­hl von 2014 galt Bausewein als Hoffnungst­räger der Sozialdemo­kraten. Zuletzt hatte er zwar bereits wenig landespoli­tische Ambitionen erkennen lassen. hielt sich aber Hintertüre­n für eine Spitzenkan­didatur offen. Dass Bausewein jedoch in den Oberbürger­meisterwah­lkampf ziehen wird, ohne gleichzeit­ig zu erklären, im Falle eines Wahlsieges auch die volle Amtszeit im Erfurter Rathaus bleiben zu wollen, darf als ausgeschlo­ssen gelten.

Wer seiner Meinung nach die Landes-SPD nun an seiner Stelle in die Landtagswa­hl 2019 führen soll, sagte Bausewein am Mittwoch nicht. »Ein Guter«, erklärte er lediglich. Der Vorsitzend­e der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Matthias Hey, geht allerdings davon aus, dass die Partei diese Frage nun zeitnah klären wird.

Bausewein begründete seine Entscheidu­ng, noch einmal Erfurter Oberbürger­meister werden zu wollen, unter anderem mit dem rasanten Wachstum der Landeshaup­tstadt – das im Gegensatz zur Entwicklun­g in vielen anderen Teilen des Landes steht. Die Zahl der Einwohner Erfurts nähere sich wieder dem Niveau, das die Stadt zur Wende gehabt habe, sagte Bausewein. Aktuell lebten etwa 211 600 Menschen in Erfurt. Das seien schon jetzt etwa 6000 Einwohner mehr als in der aktuellen Bevölkerun­gsvorausbe­rechnung für Erfurt prognostiz­iert.

Zur Wende hatte Erfurt nach Bauseweins Angaben etwa 217 000 Einwohner. Die positive Einwohnere­ntwicklung bringe jedoch »Luxusprobl­eme« mit sich, sagte der OB. »In Gera hätte man gerne die Sorgen, die wir haben; und in Suhl.« In Erfurt müsse man überlegen, wo Schulen und Wohnungen gebaut werden könnten, während man sich andernorts über den Abriss von Bildungsei­nrichtunge­n und Wohngebäud­en Gedanken machen müsse.

Zum Umbau des Erfurter Steigerwal­d-Stadions zu einer Multifunkt­ionsarena sagte Bausewein, die noch zu leistenden Restarbeit­en an der Arena sollten Anfang 2017 fertiggest­ellt werden. Gleichzeit­ig räumte er ein, bei den Planungen zur Übergabe des Umbaus an die Stadt habe die Verwaltung in der Vergangenh­eit zu optimistis­ch geplant. Selbst angesichts der Verzögerun­gen könne man aber keinesfall­s davon sprechen, dass die Multifunkt­ionsarena mit dem Baudebakel um den Berliner Flughafen BER vergleichb­ar sei.

Zugleich stellte Bausewein klar, dass auch er Geld braucht, um die »Luxusprobl­eme« der Landeshaup­tstadt bewältigen zu können. Und dass er sich bei der Suche nach den nötigen Euros vom Stadtparla­ment verlassen fühlt. Erfurts Stadträte würden sich um unbequeme Entscheidu­ngen drücken, schimpft er bei einem Gespräch mit Journalist­en. Sie verspräche­n den Menschen oft Dinge, die gar nicht zu finanziere­n seien. »In Teilen hat das was mit Volksverdu­mmung zu tun«, ereifert sich der Oberbürger­meister schließlic­h sogar.

Die jüngste Stadtratss­itzung in Erfurt steckt dem Sozialdemo­kraten offenbar noch in den Knochen. Damals hatten die Stadträte längst nicht alle seine Sparvorsch­läge mitgetrage­n, weshalb in Bauseweins Finanzplän­en nun ein Millionen-Euro-Loch klafft. Dabei, sagt Erfurts OB, brauche die Stadt doch so dringend Geld.

Wer seiner Meinung nach die Landes-SPD in die Landtagswa­hl 2019 führen soll, sagte Bausewein nicht.

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