Ein Hoffnungsträger winkt ab
Thüringens SPD-Landeschef Bausewein möchte lieber OB in der boomenden Landeshauptstadt bleiben
Anders als viele andere Regionen Thüringens boomt es in der Landeshauptstadt. Der SPD-Mann Andreas Bausewein will auch deshalb OB bleiben. Damit hat seine Partei jedoch ein neues Problem. Eigentlich galt Andreas Bausewein bislang als der aussichtsreichste Kandidat der Thüringer SPD für die Spitzenkandidatur der Partei zur Landtagswahl 2019. Doch nun hat sich Bausewein festgelegt: Er wolle sich erneut um das Amt des Erfurter Oberbürgermeisters bewerben, sagte der 43-Jährige am Mittwoch in Erfurt. In der Landeshauptstadt wird 2018 ein neuer Rathaus-Chef gewählt.
»Das macht mir Spaß, ich will das weiterhin machen«, sagte er. Ein hauptberuflicher Wechsel des Kommunalpolitikers in die Landespolitik scheint damit endgültig sehr unwahrscheinlich – was gleichermaßen bedeutet, dass bei den Thüringer Sozialdemokraten völlig offen ist, wer die Partei in die Landtagswahl 2019 führen soll. Bausewein ist seit 2006 Oberbürgermeister Erfurts und seit 2014 Landesvorsitzender der SPD. Er war erst Mitte November auf einem Landesparteitag der Sozialdemokraten für weitere zwei Jahre als Vorsitzender in seinem Ehrenamt bestätigt worden. Als Parteivorsitzender hätte er traditionell das erste Zugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl.
Nach der schweren Niederlage der SPD bei der Thüringer Landtagswahl von 2014 galt Bausewein als Hoffnungsträger der Sozialdemokraten. Zuletzt hatte er zwar bereits wenig landespolitische Ambitionen erkennen lassen. hielt sich aber Hintertüren für eine Spitzenkandidatur offen. Dass Bausewein jedoch in den Oberbürgermeisterwahlkampf ziehen wird, ohne gleichzeitig zu erklären, im Falle eines Wahlsieges auch die volle Amtszeit im Erfurter Rathaus bleiben zu wollen, darf als ausgeschlossen gelten.
Wer seiner Meinung nach die Landes-SPD nun an seiner Stelle in die Landtagswahl 2019 führen soll, sagte Bausewein am Mittwoch nicht. »Ein Guter«, erklärte er lediglich. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Matthias Hey, geht allerdings davon aus, dass die Partei diese Frage nun zeitnah klären wird.
Bausewein begründete seine Entscheidung, noch einmal Erfurter Oberbürgermeister werden zu wollen, unter anderem mit dem rasanten Wachstum der Landeshauptstadt – das im Gegensatz zur Entwicklung in vielen anderen Teilen des Landes steht. Die Zahl der Einwohner Erfurts nähere sich wieder dem Niveau, das die Stadt zur Wende gehabt habe, sagte Bausewein. Aktuell lebten etwa 211 600 Menschen in Erfurt. Das seien schon jetzt etwa 6000 Einwohner mehr als in der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung für Erfurt prognostiziert.
Zur Wende hatte Erfurt nach Bauseweins Angaben etwa 217 000 Einwohner. Die positive Einwohnerentwicklung bringe jedoch »Luxusprobleme« mit sich, sagte der OB. »In Gera hätte man gerne die Sorgen, die wir haben; und in Suhl.« In Erfurt müsse man überlegen, wo Schulen und Wohnungen gebaut werden könnten, während man sich andernorts über den Abriss von Bildungseinrichtungen und Wohngebäuden Gedanken machen müsse.
Zum Umbau des Erfurter Steigerwald-Stadions zu einer Multifunktionsarena sagte Bausewein, die noch zu leistenden Restarbeiten an der Arena sollten Anfang 2017 fertiggestellt werden. Gleichzeitig räumte er ein, bei den Planungen zur Übergabe des Umbaus an die Stadt habe die Verwaltung in der Vergangenheit zu optimistisch geplant. Selbst angesichts der Verzögerungen könne man aber keinesfalls davon sprechen, dass die Multifunktionsarena mit dem Baudebakel um den Berliner Flughafen BER vergleichbar sei.
Zugleich stellte Bausewein klar, dass auch er Geld braucht, um die »Luxusprobleme« der Landeshauptstadt bewältigen zu können. Und dass er sich bei der Suche nach den nötigen Euros vom Stadtparlament verlassen fühlt. Erfurts Stadträte würden sich um unbequeme Entscheidungen drücken, schimpft er bei einem Gespräch mit Journalisten. Sie versprächen den Menschen oft Dinge, die gar nicht zu finanzieren seien. »In Teilen hat das was mit Volksverdummung zu tun«, ereifert sich der Oberbürgermeister schließlich sogar.
Die jüngste Stadtratssitzung in Erfurt steckt dem Sozialdemokraten offenbar noch in den Knochen. Damals hatten die Stadträte längst nicht alle seine Sparvorschläge mitgetragen, weshalb in Bauseweins Finanzplänen nun ein Millionen-Euro-Loch klafft. Dabei, sagt Erfurts OB, brauche die Stadt doch so dringend Geld.
Wer seiner Meinung nach die Landes-SPD in die Landtagswahl 2019 führen soll, sagte Bausewein nicht.